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Hornhautveränderungen bei LiderkrankungenWie lässt sich das Sehvermögen schützen? Pressemitteilung zur AAD 2021 online

19.03.2021 – 10:13

Berufsverband der Augenärzte Deutschlands. e.V.

Hornhautveränderungen bei Liderkrankungen
Wie lässt sich das Sehvermögen schützen? Pressemitteilung zur AAD 2021 online


















Düsseldorf (ots)

Die Augenoberfläche ist ein sensibles System. Jedes einzelne ihrer Bestandteile – die Lider, die Bindehaut, die Hornhaut und der Tränenfilm – spielt eine wichtige Rolle. So lange alles funktioniert, ist uns gar nicht bewusst, wie komplex dieses Zusammenspiel ist. Doch eine Störung an einem Teil wirkt sich auf alle anderen aus. Das kann gravierende Folgen für das Sehvermögen und das Wohlbefinden des Betroffenen haben.

Die Hornhaut schließt als klare „Windschutzscheibe“ das Auge nach vorne ab. Sie ist ringförmig umgeben von der Bindehaut, einer Schleimhaut, die auch die Innenseite der Augenlider auskleidet. Mit jedem Lidschlag verteilt sie wie ein weiches Tuch den Tränenfilm auf der Hornhaut und entfernt kleine Fremdkörper, die das Auge irritieren könnten. Der Tränenfilm besteht aus mehreren Schichten. Den größten Teil bildet eine in den Tränendrüsen gebildete Flüssigkeit, die Nährstoffe für die Hornhaut enthält, aber auch Abwehrzellen gegen Infektionen. Die Haupttränendrüse liegt in der Augenhöhle seitlich über dem Augapfel, in der Bindehaut gibt es zusätzliche kleine wässrige Tränendrüsen. Damit die Tränen nicht zu schnell verdunsten oder aus dem Auge rollen, werden sie von einer öligen Schicht bedeckt, die von den Meibom-Drüsen im Bereich der Lidkante gebildet wird. Eine innere Schleimschicht bedeckt die Augenoberfläche direkt. Sie macht die wasserabweisende Hornhaut zu einer wasserfreundlichen Schicht, so dass sich der Tränenfilm anlegen kann.

Wie verändert sich die Hornhaut durch Erkrankungen der Lider?

Erkrankungen der Augenlider ziehen oft Veränderungen der Hornhaut nach sich, die nicht übersehen werden sollten. So kann es zu einer Verformung der Hornhaut kommen, die die Sehschärfe mindert. Die Hornhaut kann als Folge einer Liderkrankung ihre Form verändern; Blutgefäße wachsen möglicherweise ein und mindern die Transparenz der Hornhaut; Hornhaut-Geschwüre (Ulzera) können sich bilden und schließlich kann sogar eine Perforation der Hornhaut die Folge der Liderkrankung sein.

Was sind die ursächlichen Mechanismen für Hornhautveränderungen bei Liderkrankungen?

Diese Veränderungen sind mögliche Folgen unterschiedlicher Mechanismen: Tumore können Druck auf die Hornhaut ausüben und sie verformen. Ein fehlender Lidschluss verhindert, dass die Hornhaut feucht gehalten wird. Wimpern können auf der empfindlichen Augenoberfläche scheuern und sie reizen. Schließlich können Infektionen mit Viren oder Bakterien und Entzündungen auf Liderkrankungen zurückgehen.

Lidfehlstellungen: Ektropium, Entropium, Floppy Eyelid

Eine häufige Lidfehlstellung, die Hornhautveränderungen verursacht, ist das Ektropium, bei dem die Kante des Augenlids – meist ist es das Unterlid – nach außen wegkippt. Ein Ektropium kann angeboren sein, es ist oft aber auch die Folge von Alterungsprozessen. Es kann dazu führen, dass das Auge austrocknet, weil das Lid nicht mehr dem Auge anliegt und der Tränenfilm nicht mehr so gut auf dem Auge verteilt wird. Diese Austrocknung kann Schäden an der Hornhautoberfläche bis hin zu Hornhaut-Geschwüren zur Folge haben. Ein chirurgischer Eingriff an den Lidern ist dann der gebotene Weg, damit die Hornhaut heilen kann.

Im Gegensatz zum Ektropium liegt ein Entropium vor, wenn die Lidkante sich nach innen dreht. Das kann die Folge einer Narbenbildung der Bindehaut sein, eine Folge von Alterungsprozessen oder – selten – eine angeborene Fehlstellung. Sind Bindehautnarben die Ursache des Entropiums, muss geklärt werden, wie sie sich gebildet haben. Eine Entzündung aufgrund einer Autoimmunerkrankung (z.B. einem Schleimhautpemphigoid) kann dahinter stecken oder auch die Folgen einer bakteriellen Infektion des Auges. Insbesondere in Gegenden mit mangelnden Möglichkeiten zur Hygiene ist das Trachom häufig, eine Infektion der Augen mit Chlamydien, die die Bindehaut vernarben lässt. Bei einem Entropium drehen sich die Wimpern nach innen und scheuern andauernd auf der Hornhaut. Das ist schmerzhaft und führt zu Hornhautschäden bis hin zur kompletten Hornhauteintrübung. Nur eine frühzeitige Behandlung der Infektion (beim Trachom) oder eine Operation der Lider (beim Entropium im Allgemeinen) kann helfen, das zu verhindern.

Vom „Floppy Eyelid“ ist die Rede, wenn das ganze Oberlid leicht nach außen geklappt werden kann. Der Tarsus, eine schalenförmige Verstärkung des Augenlids, die aus Bindegewebe besteht, ist dann gummiartig verändert. Patienten mit einem Floppy Eyelid Syndrom leiden häufig auch an einem Keratokonus, das ist eine krankhafte Vorwölbung der Hornhaut. Andere Krankheiten, die bei diesen Patienten häufiger beobachtet werden, ist das Glaukom (Grüner Star) und das Schlafapnoe-Syndrom, bei dem es zu Atemaussetzern im Schlaf kommt. Das Flopppy Eyelid Syndrom führt oft zu einem Trockenen Auge, zu oberflächlichen Verletzungen (Hornhauterosionen) und zum Einwachsen von Gefäßen in die geschädigte Hornhaut (Vaskularisation). Oft kommt noch eine Störung der Meibom-Drüsen hinzu. Die Behandlung des Floppy Eyelid Syndroms besteht zum Einen in der Gabe von Tränenersatzmitteln. Nachts kommen Gele und Salben zum Einsatz, die das Austrocknen des Auges verhindern, außerdem können Schutzschilder die Augen in der Nacht geschlossen halten. Patienten mit einer Schlafapnoe, die nachts Beatmungsmasken nutzen, sollten darauf achten, dass die Maske dicht am Gesicht anliegt und dass die Luft nicht durch Lecks entweichen kann. Wenn diese konservative Behandlung nicht ausreicht, kann das Oberlid durch eine Operation gestrafft werden.

Lidtumore

Tumore üben Druck auf den Augapfel aus und verursachen so Sehfehler. Außerdem können sie eine Entzündung der Lidränder und der Bindehaut hervorrufen, eine Blepharokonjunktivitis.

Ein recht häufiger Tumor bei Kindern ist das Blutschwämmchen (Hämangiom). Je nach Größe und Position kann es die Blickachse verdecken und dann die Entwicklung des Sehvermögens gefährden. Wird es nicht behandelt, droht eine einseitige Sehschwäche (Amblyopie). Das Hämangiom wird unter der Gabe von Propranolol, einem Betablocker, kleiner. Bei 40 Prozent der Kinder geht dann auch der durch den Tumor verursachte Astigmatismus zurück. Nur etwa jedes zehnte Kind benötigt nach dieser Behandlung noch eine Amplyopieprophylaxe.

Ein Chalazion, umgangssprachlich Hagelkorn genannt, ist eine chronische Entzündung, die von einer Meibom-Drüse ausgeht. Der Ausgang der Drüse ist dabei verstopft und so entwickelt sich langsam an der Lidkante ein Knötchen, das nicht schmerzhaft ist, das aber die Größe einer Haselnuss erreichen kann. Große Chalazien, die mitten auf dem Oberlid sitzen, können dann einen Astigmatismus verursachen. Da es sich um die Erkrankung der Meibom-Drüse handelt, kann auch die Stabilität des Tränenfilms beeinträchtigt sein, weil die schützende ölige Schicht nicht ausreichend gebildet wird. Das Chalazion lässt sich durch eine Injektion mit Kortikosteroiden oder eine Exzision entfernen. Danach bessern sich auch die Beschwerden der Hornhaut.

Lidinfektionen

Nach einer Infektion mit Windpocken in der Kindheit kann das Varizella-Zoster-Virus unter Umständen in Nervenganglien dauerhaft erhalten bleiben. Ist der 1. Ast des Gesichtsnerven (Nervus Ophthalmicus) davon betroffen, dann wird das Auge in Mitleidenschaft gezogen. Eine Infektion kann bei einer Immunschwäche oder im höheren Alter wieder aktiviert werden. Dann ruft es Entzündungen an Lid, Bindehaut und/oder Hornhaut hervor, sogar eine Uveitis, eine Entzündung im Auge, ist möglich. Die Krankheit ist sehr schmerzhaft und kann Lidfehlstellungen zur Folge haben. Weil der Hornhautnerv geschädigt ist, kann die Hornhautsensibilität reduziert sein. Die Hornhaut wird anfälliger für Verletzungen und auch ihr Heilungsvermögen lässt nach. Auch ein Glaukom kann als Komplikation einer solchen Erkrankung auftreten. Behandelt wird diese Infektion mit antiviralen Medikamenten, die systemisch eingenommen werden; hinzu kommt eventuell noch eine lokale Behandlung mit Kortisonpräparaten. Für Personen ab dem 60. Lebensjahr wird von der STIKO (Ständige Impfkomission) des Robert Koch Instituts eine Zosterschutzimpfung empfohlen.

Lidallergien

Auch Allergien – ob der klassische Heuschnupfen (Rhinokonjuktivitis) oder eine Kontaktallergie – führen zur Entzündung der Bindehaut und der Lider. Sie können in der Folge Schäden an der Hornhaut bis hin zu Geschwüren und Narben auf der Hornhaut auslösen. Weil Allergien oft mit starkem Juckreiz verbunden sind, reiben sich die Betroffenen häufig die Augen, was die Probleme aber noch verstärkt. Abhilfe verschafft, so weit es möglich ist, eine Allergenkarenz. Daneben helfen Augentropfen mit antiallergischen Wirkstoffen (Antihistamine, Mastzellstabilisatoren). Unkonservierte Tränenersatzmittel lindern die Beschwerden zusätzlich, eine Lidkantenpflege ist zu empfehlen und unter Umständen wird auch Kortison oder eine weiterführende entzündungshemmende Therapie mit anderen immunsupprimierenden Substanzen eingesetzt.

Blepharitis / Meibom-Drüsen-Dysfunktion

Schließlich haben auch eine Entzündung der Lider (Blepharitis) und eine Meibom-Drüsen-Dysfunktion nachteilige Auswirkungen auf die Hornhaut. Bei einer Meibom-Drüsen-Dysfunktion sind die Ausführungsgänge der Drüsen zunächst durch verdicktes Sekret verstopft, nach und nach gehen die Drüsen verloren. Dadurch verändern sich Qualität und Quantität des Lipidfilms, der den Tränenfilm schützt. Die Folge ist eine zu rasche Verdunstung der Tränen und ein Austrocknen der Augenoberfläche. Eine kontinuierliche Pflege der Lidkanten umfasst die Erwärmung und Massage der Lider (Lidkantenpflege), damit verdicktes Sekret sich löst und die Ausgänge der Drüsen wieder frei werden. Tränenersatzmittel mit Lipiden und eventuell Augentropfen mit antibiotischer und antientzündlicher Wirkung können die Behandlung bei Bedarf ergänzen.

Fazit

Die Augenoberfläche ist ein komplexes System, bei dem Lider, Bindehaut, Tränenfilm und Hornhaut sich gegenseitig beeinflussen. Erkrankt ein Bestandteil dieses Systems, dann hat das auch für die anderen Strukturen Folgen. Gerade bei Liderkrankungen sind in der Folge oft krankhafte Veränderungen der Hornhaut zu beobachten. Die Behandlung kann je nach Krankheit viel Geduld erfordern. Bei Lidfehlstellungen sind oft Operationen notwendig, die dann auch eine Abheilung der Hornhaut ermöglichen.

Quelle: Prof. Dr. Elisabeth M. Messmer, Augenklinik und Poliklinik des Klinikums der Universität München, Mathildenstr. 8, 80336 München

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Zum Tag des Vergiftungsschutzes bei Kindern im Haushalt am 20. MärzSo schützen Sie Ihr Kind vor einer VergiftungKinderärzte der Asklepios Klinik Nord geben Rat

19.03.2021 – 13:45

Asklepios Kliniken GmbH & Co. KGaA

Zum Tag des Vergiftungsschutzes bei Kindern im Haushalt am 20. März
So schützen Sie Ihr Kind vor einer Vergiftung
Kinderärzte der Asklepios Klinik Nord geben Rat


















Zum Tag des Vergiftungsschutzes bei Kindern im Haushalt am 20. März / So schützen Sie Ihr Kind vor einer Vergiftung / Kinderärzte der Asklepios Klinik Nord geben Rat

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Hamburg (ots)

Die meisten Unfälle passieren im Haushalt… eine alte Weisheit, die auch für Vergiftungen von Kindern im Haushalt zutrifft. Unachtsamkeiten führen dazu, dass Kinder Putz- oder Reinigungsmittel, Pflanzenschutzmittel oder Medikamente als Bonbons ansehen und diese essen. Auch von giftigen Pflanzen im Haus oder dem Garten ein Blatt abzupflücken und dieses zu verspeisen, kann zu Vergiftungssymptomen führen. Vor allem Kleinkinder unter vier Jahren sind hier besonders gefährdet.

„Etwa alle zwei Wochen sehen wir hier in unserer Kinderklinik in Heidberg, der so genannten KinderHeidberg, ein Kind, das versehentlich eine Substanz aus dem Haushalt zu sich genommen hat“, sagt der Chefarzt der Pädiatrie in der Asklepios Klinik NORD – Heidberg, Prof. Dr. Markus Kemper. „Die Kinder zeigen Vergiftungserscheinungen oder sie werden von ihren Eltern vorgestellt, da diese sich vergewissern möchten, dass ihr Kind trotz der Einnahme der giftigen Substanz in Ordnung ist und es sich nicht ernsthaft mit dem Waschmittelpad oder den Herzmedikamenten eines Erwachsenen vergiftet hat. Wir übernehmen dann hier die klinische Untersuchung des Kindes.“

Obwohl rund 25 Kinder pro Jahr keine besonders hohe Zahl darstellen und die vorgestellten Kinder oft schon nach wenigen Stunden und einigen Untersuchungen wieder nach Hause gehen können, zeigen diese Fälle dennoch, dass man den Haushalt und das eigene Verhalten immer mal wieder auf den Prüfstand stellen sollte, ob alles weiterhin kindersicher verwahrt ist – auch um sich selbst solche sorgenvollen Momente zu ersparen.

Die KinderHeidberg-Experten geben folgende Ratschläge zur Vermeidung von Vergiftungsunfällen im Haushalt oder Garten und erklären, was in der Klinik getan wird, damit es den kleinen Patienten bald wieder bessergeht:

1. Vorsichtsmaßnahmen

1a Überschätzen Sie Ihr Kind nicht: Die körperliche, geistige und seelische Entwicklung ermöglicht es Kindern erst im Laufe der Jahre, Gefahren und Risiken richtig einzuschätzen. Deshalb gilt es, Kinder, die aufgrund ihrer altersabhängigen Spielgewohnheiten und Interessen unterschiedlichen Gefahren ausgesetzt sind, immer adäquat zu schützen – vor Vergiftungen ebenso wie vor anderen Unfällen.

Ihr Kind mag schon vieles verstehen, aber dieses Verständnis erreicht schnell seine Grenzen, wenn die Neugierde überwiegt. Was noch vor wenigen Wochen als uninteressant eingestuft wurde, könnte das Interesse des Kindes wecken und dadurch zur Gefahr werden. Unterlassen Sie es daher beispielsweise auch, Reinigungsmittel in Lebensmittelbehältnisse umzufüllen oder Lebens- und Putzmittel im selben Schrank aufzubewahren. Kindern fällt es so viel schwerer, zu unterscheiden, was essbar ist und was sogar giftig.

1b Unterschätzen Sie Ihr Kind aber auch nicht: Gerade körperlich und motorisch entwickeln sich Kinder in den ersten Lebensjahren schneller weiter, als man es sich (auch als naher) Außenstehender vorstellen kann oder möchte. Dies hat zur Folge, dass Verschlüsse geöffnet und Fächer erreicht werden können, die noch kurze Zeit zuvor als unerreichbar galten.

Überprüfen Sie daher regelmäßig, wie sicher Ihre Aufbewahrungsorte von potentiell giftigen Substanzen gemessen am Entwicklungsstand des Kindes sind. Denn am wirksamsten werden Kinder vor Vergiftungen geschützt, wenn sie an kritische Mittel gar nicht erst herankommen.

2. Das richtige Verhalten nach einer Vergiftung

Sollte es zur Einnahme einer giftigen Substanz gekommen sein und das Kind erste Anzeichen einer Vergiftung wie Schwindel, Kopfschmerz, Atemnot, Übelkeit oder Erbrechen zeigen, gilt als oberste Priorität, Ruhe zu bewahren. Nur so sind Sie in der Lage, überlegt und nicht übereilt zu handeln.

2a Halten Sie die Atemwege frei. Halten Sie das Kind bei Bewusstsein.

2b Wählen Sie die Giftnotrufzentrale, die im besten Fall in Ihrem Kurzwahlspeicher gespeichert ist. Für die LänderBremen,Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein ist das Giftinformationszentrum Nord (GIZ-Nord) zuständig. Dieses ist erreichbar unter der Nummer: +49 551 19240

2c Wenn möglich, geben Sie dem Kind zu trinken: ungesüßter Tee oder Wasser ohne Kohlensäure sind empfehlenswert, um beispielsweise ätzende Substanzen aus der Mundhöhle und der Speiseröhre zu spülen und die Konzentration des Giftstoffes im Magen-Darmtrakt zu verdünnen. Verabreichen Sie keine Milch und unterlassen Sie Versuche, das Kind aktiv zum Erbrechen zu bringen, da ätzende Substanzen so die Speiseröhre nochmals durchlaufen und so größerer Schaden entstehen kann.

2c Schildern Sie konkret das Geschehen: Sowohl beim Giftnotruf als auch bei der Vorstellung in der Klinik ist es wichtig, möglichst genau folgende W-Fragen zu beantworten:

-  Wer hat sich vergiftet? Kind oder Erwachsener? 
-  Wie alt ist die/derjenige und welches Körpergewicht hat sie/er? 
-  Woran hat sich das Kind vergiftet? 
-  Welche Menge hat das Kind vermutlich zu sich genommen? 
-  Wann genau erfolgte die (mutmaßliche) Vergiftung und wann traten die Symptome auf?  

Gerade beim Giftnotruf ist hilfreich, wenn Sie schildern, ob das Kind noch bei Bewusstsein ist, ob die Atmung stabil ist oder es sonstige auffällige Erscheinungen gibt. Hier erhalten Sie ggf. direkt telefonisch Unterstützung bei Erste-Hilfe-Maßnahmen.

3. In der Klinik – Die Spezialisten übernehmen

Ist das Kind bewusstlos, informieren Sie sofort den Rettungsdienst (Tel. 112), der das Kind in eine Spezialklinik wie das KinderHeidberg bringt. In der Klinik wird das Vorgehen bei Vergiftungen direkt sehr spezifisch vom jeweiligen Gift gesteuert, weswegen auch hier sehr wichtig ist, zu wissen, was genau in welcher Menge zu sich genommen wurde. In der Klinik kann der Kreislauf des Kindes stabilisiert und überwacht werden und durch spezifische Maßnahmen gezielt der Vergiftung entgegengewirkt werden. Die Laborergebnisse einer sofortigen Blutuntersuchung zeigen sehr exakt die Konzentration des Giftes im Körper an und die Maßnahmen können entsprechend eingeleitet werden, um eine Unter- oder Übertherapie zu verhindern.

„Zum Glück kommen schwere Vergiftungen nicht sehr häufig vor und Eltern und Kind kommen meist mit dem Schrecken davon. Dennoch sehen wir hier immer noch recht regelmäßig Kinder mit Vergiftungserscheinungen, weswegen es gut ist, sich die Substanzen vor Augen zu führen, die für ein Kind als Gift gelten“, sagt die Leitende Oberärztin der Pädiatrie, Dr. Daniela Nolkemper. „Dazu zählen beispielsweise auch Erwachsenenzahnpasta, Alkohol oder Zigarettenstummel. Eine recht ausführliche Liste findet man dazu auf der Seite des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte e.V.“

Über die Asklepios Klinik Nord

Asklepios wurde im Jahr 1985 gegründet und ist heute mit rund 160 Gesundheitseinrichtungen einer der größten privaten Klinikbetreiber in Deutschland. Die Asklepios Klinik Nord ist mit rund 3.500 Mitarbeitern in drei Standorten – Heidberg, Ochsenzoll und Psychiatrie Wandsbek – eine der größten Kliniken Norddeutschlands. In den 28 Fachabteilungen werden Menschen mit somatischen und psychischen Problemen behandelt.

Kontakt für Rückfragen:

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Angela Obermaier
Referentin PR & Marketing
Tel.: (0 40) 18 18-873264
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Asklepios Kliniken GmbH & Co. KGaA
Konzernbereich Unternehmenskommunikation & Marketing
Rübenkamp 226
22307 Hamburg

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Die meisten Unfälle passieren im Haushalt… eine alte Weisheit, die auch für Vergiftungen von Kindern im Haushalt zutrifft. Unachtsamkeiten führen dazu, dass Kinder Putz- oder Reinigungsmittel, Pflanzenschutzmittel oder Medikamente als Bonbons ansehen und diese essen. Auch von giftigen Pflanzen im Haus oder dem Garten ein Blatt abzupflücken und dieses zu verspeisen, kann zu Vergiftungssymptomen führen. Vor allem Kleinkinder unter vier Jahren sind hier besonders gefährdet.

„Etwa alle zwei Wochen sehen wir hier in unserer Kinderklinik in Heidberg, der so genannten KinderHeidberg, ein Kind, das versehentlich eine Substanz aus dem Haushalt zu sich genommen hat“, sagt der Chefarzt der Pädiatrie in der Asklepios Klinik NORD – Heidberg, Prof. Dr. Markus Kemper. „Die Kinder zeigen Vergiftungserscheinungen oder sie werden von ihren Eltern vorgestellt, da diese sich vergewissern möchten, dass ihr Kind trotz der Einnahme der giftigen Substanz in Ordnung ist und es sich nicht ernsthaft mit dem Waschmittelpad oder den Herzmedikamenten eines Erwachsenen vergiftet hat. Wir übernehmen dann hier die klinische Untersuchung des Kindes.“

Obwohl rund 25 Kinder pro Jahr keine besonders hohe Zahl darstellen und die vorgestellten Kinder oft schon nach wenigen Stunden und einigen Untersuchungen wieder nach Hause gehen können, zeigen diese Fälle dennoch, dass man den Haushalt und das eigene Verhalten immer mal wieder auf den Prüfstand stellen sollte, ob alles weiterhin kindersicher verwahrt ist – auch um sich selbst solche sorgenvollen Momente zu ersparen.

Die KinderHeidberg-Experten geben folgende Ratschläge zur Vermeidung von Vergiftungsunfällen im Haushalt oder Garten und erklären, was in der Klinik getan wird, damit es den kleinen Patienten bald wieder bessergeht:

1. Vorsichtsmaßnahmen

1a Überschätzen Sie Ihr Kind nicht: Die körperliche, geistige und seelische Entwicklung ermöglicht es Kindern erst im Laufe der Jahre, Gefahren und Risiken richtig einzuschätzen. Deshalb gilt es, Kinder, die aufgrund ihrer altersabhängigen Spielgewohnheiten und Interessen unterschiedlichen Gefahren ausgesetzt sind, immer adäquat zu schützen – vor Vergiftungen ebenso wie vor anderen Unfällen.

Ihr Kind mag schon vieles verstehen, aber dieses Verständnis erreicht schnell seine Grenzen, wenn die Neugierde überwiegt. Was noch vor wenigen Wochen als uninteressant eingestuft wurde, könnte das Interesse des Kindes wecken und dadurch zur Gefahr werden. Unterlassen Sie es daher beispielsweise auch, Reinigungsmittel in Lebensmittelbehältnisse umzufüllen oder Lebens- und Putzmittel im selben Schrank aufzubewahren. Kindern fällt es so viel schwerer, zu unterscheiden, was essbar ist und was sogar giftig.

1b Unterschätzen Sie Ihr Kind aber auch nicht: Gerade körperlich und motorisch entwickeln sich Kinder in den ersten Lebensjahren schneller weiter, als man es sich (auch als naher) Außenstehender vorstellen kann oder möchte. Dies hat zur Folge, dass Verschlüsse geöffnet und Fächer erreicht werden können, die noch kurze Zeit zuvor als unerreichbar galten.

Überprüfen Sie daher regelmäßig, wie sicher Ihre Aufbewahrungsorte von potentiell giftigen Substanzen gemessen am Entwicklungsstand des Kindes sind. Denn am wirksamsten werden Kinder vor Vergiftungen geschützt, wenn sie an kritische Mittel gar nicht erst herankommen.

2. Das richtige Verhalten nach einer Vergiftung

Sollte es zur Einnahme einer giftigen Substanz gekommen sein und das Kind erste Anzeichen einer Vergiftung wie Schwindel, Kopfschmerz, Atemnot, Übelkeit oder Erbrechen zeigen, gilt als oberste Priorität, Ruhe zu bewahren. Nur so sind Sie in der Lage, überlegt und nicht übereilt zu handeln.

2a Halten Sie die Atemwege frei. Halten Sie das Kind bei Bewusstsein.

2b Wählen Sie die Giftnotrufzentrale, die im besten Fall in Ihrem Kurzwahlspeicher gespeichert ist. Für die LänderBremen,Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein ist das Giftinformationszentrum Nord (GIZ-Nord) zuständig. Dieses ist erreichbar unter der Nummer: +49 551 19240

2c Wenn möglich, geben Sie dem Kind zu trinken: ungesüßter Tee oder Wasser ohne Kohlensäure sind empfehlenswert, um beispielsweise ätzende Substanzen aus der Mundhöhle und der Speiseröhre zu spülen und die Konzentration des Giftstoffes im Magen-Darmtrakt zu verdünnen. Verabreichen Sie keine Milch und unterlassen Sie Versuche, das Kind aktiv zum Erbrechen zu bringen, da ätzende Substanzen so die Speiseröhre nochmals durchlaufen und so größerer Schaden entstehen kann.

2c Schildern Sie konkret das Geschehen: Sowohl beim Giftnotruf als auch bei der Vorstellung in der Klinik ist es wichtig, möglichst genau folgende W-Fragen zu beantworten:

-  Wer hat sich vergiftet? Kind oder Erwachsener? 
-  Wie alt ist die/derjenige und welches Körpergewicht hat sie/er? 
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-  Wann genau erfolgte die (mutmaßliche) Vergiftung und wann traten die Symptome auf?  

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„Zum Glück kommen schwere Vergiftungen nicht sehr häufig vor und Eltern und Kind kommen meist mit dem Schrecken davon. Dennoch sehen wir hier immer noch recht regelmäßig Kinder mit Vergiftungserscheinungen, weswegen es gut ist, sich die Substanzen vor Augen zu führen, die für ein Kind als Gift gelten“, sagt die Leitende Oberärztin der Pädiatrie, Dr. Daniela Nolkemper. „Dazu zählen beispielsweise auch Erwachsenenzahnpasta, Alkohol oder Zigarettenstummel. Eine recht ausführliche Liste findet man dazu auf der Seite des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte e.V.“

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Wie verändert sich die Hornhaut durch Erkrankungen der Lider?

Erkrankungen der Augenlider ziehen oft Veränderungen der Hornhaut nach sich, die nicht übersehen werden sollten. So kann es zu einer Verformung der Hornhaut kommen, die die Sehschärfe mindert. Die Hornhaut kann als Folge einer Liderkrankung ihre Form verändern; Blutgefäße wachsen möglicherweise ein und mindern die Transparenz der Hornhaut; Hornhaut-Geschwüre (Ulzera) können sich bilden und schließlich kann sogar eine Perforation der Hornhaut die Folge der Liderkrankung sein.

Was sind die ursächlichen Mechanismen für Hornhautveränderungen bei Liderkrankungen?

Diese Veränderungen sind mögliche Folgen unterschiedlicher Mechanismen: Tumore können Druck auf die Hornhaut ausüben und sie verformen. Ein fehlender Lidschluss verhindert, dass die Hornhaut feucht gehalten wird. Wimpern können auf der empfindlichen Augenoberfläche scheuern und sie reizen. Schließlich können Infektionen mit Viren oder Bakterien und Entzündungen auf Liderkrankungen zurückgehen.

Lidfehlstellungen: Ektropium, Entropium, Floppy Eyelid

Eine häufige Lidfehlstellung, die Hornhautveränderungen verursacht, ist das Ektropium, bei dem die Kante des Augenlids – meist ist es das Unterlid – nach außen wegkippt. Ein Ektropium kann angeboren sein, es ist oft aber auch die Folge von Alterungsprozessen. Es kann dazu führen, dass das Auge austrocknet, weil das Lid nicht mehr dem Auge anliegt und der Tränenfilm nicht mehr so gut auf dem Auge verteilt wird. Diese Austrocknung kann Schäden an der Hornhautoberfläche bis hin zu Hornhaut-Geschwüren zur Folge haben. Ein chirurgischer Eingriff an den Lidern ist dann der gebotene Weg, damit die Hornhaut heilen kann.

Im Gegensatz zum Ektropium liegt ein Entropium vor, wenn die Lidkante sich nach innen dreht. Das kann die Folge einer Narbenbildung der Bindehaut sein, eine Folge von Alterungsprozessen oder – selten – eine angeborene Fehlstellung. Sind Bindehautnarben die Ursache des Entropiums, muss geklärt werden, wie sie sich gebildet haben. Eine Entzündung aufgrund einer Autoimmunerkrankung (z.B. einem Schleimhautpemphigoid) kann dahinter stecken oder auch die Folgen einer bakteriellen Infektion des Auges. Insbesondere in Gegenden mit mangelnden Möglichkeiten zur Hygiene ist das Trachom häufig, eine Infektion der Augen mit Chlamydien, die die Bindehaut vernarben lässt. Bei einem Entropium drehen sich die Wimpern nach innen und scheuern andauernd auf der Hornhaut. Das ist schmerzhaft und führt zu Hornhautschäden bis hin zur kompletten Hornhauteintrübung. Nur eine frühzeitige Behandlung der Infektion (beim Trachom) oder eine Operation der Lider (beim Entropium im Allgemeinen) kann helfen, das zu verhindern.

Vom „Floppy Eyelid“ ist die Rede, wenn das ganze Oberlid leicht nach außen geklappt werden kann. Der Tarsus, eine schalenförmige Verstärkung des Augenlids, die aus Bindegewebe besteht, ist dann gummiartig verändert. Patienten mit einem Floppy Eyelid Syndrom leiden häufig auch an einem Keratokonus, das ist eine krankhafte Vorwölbung der Hornhaut. Andere Krankheiten, die bei diesen Patienten häufiger beobachtet werden, ist das Glaukom (Grüner Star) und das Schlafapnoe-Syndrom, bei dem es zu Atemaussetzern im Schlaf kommt. Das Flopppy Eyelid Syndrom führt oft zu einem Trockenen Auge, zu oberflächlichen Verletzungen (Hornhauterosionen) und zum Einwachsen von Gefäßen in die geschädigte Hornhaut (Vaskularisation). Oft kommt noch eine Störung der Meibom-Drüsen hinzu. Die Behandlung des Floppy Eyelid Syndroms besteht zum Einen in der Gabe von Tränenersatzmitteln. Nachts kommen Gele und Salben zum Einsatz, die das Austrocknen des Auges verhindern, außerdem können Schutzschilder die Augen in der Nacht geschlossen halten. Patienten mit einer Schlafapnoe, die nachts Beatmungsmasken nutzen, sollten darauf achten, dass die Maske dicht am Gesicht anliegt und dass die Luft nicht durch Lecks entweichen kann. Wenn diese konservative Behandlung nicht ausreicht, kann das Oberlid durch eine Operation gestrafft werden.

Lidtumore

Tumore üben Druck auf den Augapfel aus und verursachen so Sehfehler. Außerdem können sie eine Entzündung der Lidränder und der Bindehaut hervorrufen, eine Blepharokonjunktivitis.

Ein recht häufiger Tumor bei Kindern ist das Blutschwämmchen (Hämangiom). Je nach Größe und Position kann es die Blickachse verdecken und dann die Entwicklung des Sehvermögens gefährden. Wird es nicht behandelt, droht eine einseitige Sehschwäche (Amblyopie). Das Hämangiom wird unter der Gabe von Propranolol, einem Betablocker, kleiner. Bei 40 Prozent der Kinder geht dann auch der durch den Tumor verursachte Astigmatismus zurück. Nur etwa jedes zehnte Kind benötigt nach dieser Behandlung noch eine Amplyopieprophylaxe.

Ein Chalazion, umgangssprachlich Hagelkorn genannt, ist eine chronische Entzündung, die von einer Meibom-Drüse ausgeht. Der Ausgang der Drüse ist dabei verstopft und so entwickelt sich langsam an der Lidkante ein Knötchen, das nicht schmerzhaft ist, das aber die Größe einer Haselnuss erreichen kann. Große Chalazien, die mitten auf dem Oberlid sitzen, können dann einen Astigmatismus verursachen. Da es sich um die Erkrankung der Meibom-Drüse handelt, kann auch die Stabilität des Tränenfilms beeinträchtigt sein, weil die schützende ölige Schicht nicht ausreichend gebildet wird. Das Chalazion lässt sich durch eine Injektion mit Kortikosteroiden oder eine Exzision entfernen. Danach bessern sich auch die Beschwerden der Hornhaut.

Lidinfektionen

Nach einer Infektion mit Windpocken in der Kindheit kann das Varizella-Zoster-Virus unter Umständen in Nervenganglien dauerhaft erhalten bleiben. Ist der 1. Ast des Gesichtsnerven (Nervus Ophthalmicus) davon betroffen, dann wird das Auge in Mitleidenschaft gezogen. Eine Infektion kann bei einer Immunschwäche oder im höheren Alter wieder aktiviert werden. Dann ruft es Entzündungen an Lid, Bindehaut und/oder Hornhaut hervor, sogar eine Uveitis, eine Entzündung im Auge, ist möglich. Die Krankheit ist sehr schmerzhaft und kann Lidfehlstellungen zur Folge haben. Weil der Hornhautnerv geschädigt ist, kann die Hornhautsensibilität reduziert sein. Die Hornhaut wird anfälliger für Verletzungen und auch ihr Heilungsvermögen lässt nach. Auch ein Glaukom kann als Komplikation einer solchen Erkrankung auftreten. Behandelt wird diese Infektion mit antiviralen Medikamenten, die systemisch eingenommen werden; hinzu kommt eventuell noch eine lokale Behandlung mit Kortisonpräparaten. Für Personen ab dem 60. Lebensjahr wird von der STIKO (Ständige Impfkomission) des Robert Koch Instituts eine Zosterschutzimpfung empfohlen.

Lidallergien

Auch Allergien – ob der klassische Heuschnupfen (Rhinokonjuktivitis) oder eine Kontaktallergie – führen zur Entzündung der Bindehaut und der Lider. Sie können in der Folge Schäden an der Hornhaut bis hin zu Geschwüren und Narben auf der Hornhaut auslösen. Weil Allergien oft mit starkem Juckreiz verbunden sind, reiben sich die Betroffenen häufig die Augen, was die Probleme aber noch verstärkt. Abhilfe verschafft, so weit es möglich ist, eine Allergenkarenz. Daneben helfen Augentropfen mit antiallergischen Wirkstoffen (Antihistamine, Mastzellstabilisatoren). Unkonservierte Tränenersatzmittel lindern die Beschwerden zusätzlich, eine Lidkantenpflege ist zu empfehlen und unter Umständen wird auch Kortison oder eine weiterführende entzündungshemmende Therapie mit anderen immunsupprimierenden Substanzen eingesetzt.

Blepharitis / Meibom-Drüsen-Dysfunktion

Schließlich haben auch eine Entzündung der Lider (Blepharitis) und eine Meibom-Drüsen-Dysfunktion nachteilige Auswirkungen auf die Hornhaut. Bei einer Meibom-Drüsen-Dysfunktion sind die Ausführungsgänge der Drüsen zunächst durch verdicktes Sekret verstopft, nach und nach gehen die Drüsen verloren. Dadurch verändern sich Qualität und Quantität des Lipidfilms, der den Tränenfilm schützt. Die Folge ist eine zu rasche Verdunstung der Tränen und ein Austrocknen der Augenoberfläche. Eine kontinuierliche Pflege der Lidkanten umfasst die Erwärmung und Massage der Lider (Lidkantenpflege), damit verdicktes Sekret sich löst und die Ausgänge der Drüsen wieder frei werden. Tränenersatzmittel mit Lipiden und eventuell Augentropfen mit antibiotischer und antientzündlicher Wirkung können die Behandlung bei Bedarf ergänzen.

Fazit

Die Augenoberfläche ist ein komplexes System, bei dem Lider, Bindehaut, Tränenfilm und Hornhaut sich gegenseitig beeinflussen. Erkrankt ein Bestandteil dieses Systems, dann hat das auch für die anderen Strukturen Folgen. Gerade bei Liderkrankungen sind in der Folge oft krankhafte Veränderungen der Hornhaut zu beobachten. Die Behandlung kann je nach Krankheit viel Geduld erfordern. Bei Lidfehlstellungen sind oft Operationen notwendig, die dann auch eine Abheilung der Hornhaut ermöglichen.

Quelle: Prof. Dr. Elisabeth M. Messmer, Augenklinik und Poliklinik des Klinikums der Universität München, Mathildenstr. 8, 80336 München

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Glaukom jenseits des AugeninnendruckesWelche neuen Erkenntnisse gibt es? – Pressemeldung zur AAD 2021 online

18.03.2021 – 14:00

Berufsverband der Augenärzte Deutschlands. e.V.

Glaukom jenseits des Augeninnendruckes
Welche neuen Erkenntnisse gibt es? – Pressemeldung zur AAD 2021 online


















Düsseldorf (ots)

Das Glaukom ist eine der Hauptursachen für irreversible Erblindung weltweit. Insgesamt sind Schätzungen zufolge derzeit fast 80 Millionen Menschen betroffen. Im Jahr 2010 waren es noch circa 68 Millionen Patienten, davon erblindeten 6,7 Millionen. Das Glaukom ist eine altersabhängige Erkrankung. Die Inzidenz, also die Zahl der Patienten, die neu erkranken, verdreifacht sich pro Jahrzehnt Lebensalter, während die Inzidenz der Erblindung sich pro Jahrzehnt Lebensalter verzehnfacht. Aufgrund des demografischen Wandels, einschließlich einer alternden Bevölkerung, beträgt die geschätzte Zahl der Glaukompatienten im Jahr 2020 weltweit 79,6 Millionen. Daher wird mit zunehmender Alterung der Bevölkerung die Prävalenz und Bedeutung der Erkrankung steigen.

Das Glaukom ist durch einen zunehmenden Verlust von Ganglienzellen der Netzhaut (RGC) und eine Schädigung des Sehnervs mit den Axonen gekennzeichnet. Diese unterlaufen dem programmierten Zelltod der Apoptose. Hauptrisikofaktoren sind neben dem Alter der erhöhte Augeninnendruck des Patienten.

Die Therapie heute: Augeninnendruck senken

Die einzige evidenzbasierte Behandlung des Glaukoms ist derzeit die Augeninnendrucksenkung, um das Fortschreiten der Erkrankung zu verhindern. Dies geschieht dabei zunächst medikamentös oder durch Lasern. Ist dies nicht ausreichend oder nicht möglich, kann das Glaukom mit einer Operation behandelt werden. Bislang ist die Trabekulektomie der Goldstandard in der operativen Behandlung. Es hat sich gezeigt, dass eine Senkung des Augeninnendrucks um 20 bis 40 Prozent die Rate des progressiven Gesichtsfeldverlusts deutlich verringert.

Risikofaktoren jenseits des Augeninnendrucks

Bei einem erheblichen Teil der Glaukompatienten tritt jedoch trotz erfolgreicher Augeninnendrucksenkung ein Sehverlust auf. Dabei spielen Risikofaktoren eine Rolle, die nicht vom Augeninnendruck abhängig sind. Trotz der Tatsache, dass Maßnahmen zur Senkung des Augeninnendrucks das Progressionsrisiko senken und den Beginn des Glaukoms verzögern, sind die Ursachen des Glaukoms umstritten und noch nicht geklärt. Die Erkrankung wird durch momentane diagnostische Maßnahmen wie Gesichtsfeld erst spät erkannt und bleibt damit oft unentdeckt. 50 Prozent der Patienten wissen nicht, dass sie das Glaukom haben. Früherkennungsuntersuchungen mit Sehnerv-Check und Messung des Augeninnendrucks sind die einzige Möglichkeit, ein Glaukom zu erkennen, bevor ein nicht wieder gut zu machender Schaden entstanden ist. Der Bedarf an neuen Behandlungsansätzen und Neuroprotektiva (den Nerv schützenden Medikamenten) ist hoch.

Neue Einsichten in das Krankheitsgeschehen

In den letzten zehn Jahren hat unser Verständnis der pathophysiologischen molekularen Mechanismen des Glaukoms erheblich zugenommen. Darauf aufbauend, wurde eine Vielzahl von neuroprotektiven Mitteln vorgeschlagen, die auf molekulare Veränderungen abzielen.

Zu den Mechanismen, die einen Verlust an RGC auslösen, gehören:

(1) Exzitotoxizität, also der Tod der Nervenzelle durch andauernde Reizüberflutung

(2) oxidativer Stress, der von freien Sauerstoff-Radikalen ausgelöst wird

(3) Stickoxidschaden,

(4) Mikroglia-Überaktivierung, die eine Entzündung fördert und

(5) Apoptose.

Beim Glaukom werden giftige Substanzen wie Glutamat, reaktive Sauerstoffspezies und Stickoxid (NO) freigesetzt. Mikroglia werden überaktiviert, die Funktion der Mitochondrien (der „Kraftwerke der Zellen“) nimmt ab und die Transkription von Genen wird moduliert. Gemeinsame abschließende Signalwege werden aktiviert mit anschließender Neuronen-Apoptose bei RGC. Ein erhöhter Augeninnendruck und andere Mechanismen scheinen einen sich selbst aufrechterhaltenden Prozess der RGC-Degeneration auszulösen.

Viele Erkenntnisse aus Zellkultur- und Tiermodellen

Neuroprotektion könnte eine wesentliche Rolle bei der Verlangsamung der mit dem Sehverlust verbundenen pathologischen Prozesse spielen und durch den Schutz von RGCs und des Sehnervs zur Verringerung des Sehverlusts bei diesen Patienten beitragen. In den letzten Jahrzehnten ist relativ viel in Tiermodellen zu Wachstumsfaktoren (BDNF, CNTF; NTF), Apoptoseregulatoren (Bxl-2, Bcl-x) oder auch Glutamatverminderung (Memantine) geforscht worden. Dies zeigte in Tiermodellen viele neuroprotektive Ergebnisse. Die Übertragung dieser Erkenntnisse auf Behandlungskonzepte für Menschen (Translation) fehlt bislang.

Es gibt viele Ergebnisse in Tiermodellen, die leicht und standardisiert zu analysieren sind. Wichtig ist aber auch die Translation zum Menschen. Man kann verschiedene Tier- und Zellkulturmodelle unterschiedlichen Alters mit einzelnen Zellen und Zellverbänden zur Imitation des Glaukoms verwenden. Auf zellulärer Ebene können typische Reaktionen der verschiedenen Zellen und Zellverbände der retinalen Ganglienzellen, der Mikroglia sowie der Endothelzellen und Gefäße gesehen und proteomische (die Gesamtheit der Eiweiße der Zellen betreffend) sowie genetische Veränderungen analysiert werden.Die Modelle eignen sich gut, um die gewünschten Augeninnendrucksituationen zu imitieren und/oder um einen retinalen Ganglienzellverlust zu provozieren. Die Gefäße und Gefäßzellen zeigten Augeninnendruck induzierte Veränderungen der Morphologie und Funktion. Diese Modelle eignen sich auch, um die Wirkung möglicher neuer Medikamente zu testen. Insbesondere die Crystalline, H2S, ßIII-Tubulin und CRMP-5 zeigten auf molekularer Ebene interessante Expressionsverschiebungen bei erhöhtem Augeninnendruck und im weiteren Versuchsverlauf neuroprotektive und/oder sogar regenerative Effekte in vivo und in vitro.

Neurone lassen sich mit Gentherapie verjüngen

Interessant in diesem Kontext und zukunftsträchtig scheint die Fokussierung auf altersabhängige Veränderungen. Forschungsarbeiten an Mitochondrien zeigen sehr interessante Ergebnisse, ebenso Arbeiten zur Epigenetik. Der Begriff Epigenetik definiert alle vererbbaren Veränderungen in der Genexpression, die nicht in der DNA-Sequenz selbst codiert sind. Diese können durch Umwelteinflüsse verändert werden. Diese epigenetischen Muster entstehen unter anderem durch sogenannte Methylierungen, also chemische Gruppen, mit denen das Erbgut während der Embryonalentwicklung bestückt wird. Sie regeln die Aktivität der Gene. Ihr Muster und damit auch die Zellfunktionen verändern sich im Laufe des Lebens, da gewisse Gene nur in bestimmten Lebensabschnitten gebraucht werden. Manche Funktionen gehen beispielsweise im Alter verloren, obwohl die eigentliche Information weiterhin in den Genen verankert ist. Diese Art der zeitweiligen Feinregulierung von Genen fällt in den Bereich der Epigenetik.

In ihrer Studie verjüngten die Forschenden Neurone des zuvor verletzten Sehnervs in alten Mäusen, indem sie mithilfe einer Gentherapie drei sogenannte Transkriptionsfaktoren in den Zellen dauerhaft aktivierten. Das veränderte die Methylierungsmuster auf dem Erbgut so, dass es erneut jenen junger Mäuse glich. Dadurch erlangten die reprogrammierten Zellen offenbar ihre ursprüngliche Fähigkeit zurück, sich nach einer Verletzung regenerieren zu können – im Fall der Experimente nach einer Augenerkrankung oder einer mechanischen Verletzung. Labormäuse mit einem induzierten grünen Star (Glaukom) reagierten nach der Behandlung wieder auf optische Reize und konnten sich immerhin anhand von Mustern in einem Raum orientieren, woraus die Forschenden auf ein wiedergekehrtes Sehvermögen schließen.

Da die Expression dieser Transkriptionsfaktoren auch in Zellkulturexperimenten menschliche Neuronen umprogrammierte, könnte der Ansatz auch potenziell beim Menschen zum Erfolg führen, mutmaßen die Autoren. In einem parallel veröffentlichten Begleitartikel kommt der Autor Andrew Huberman zu dem Schluss, dass diese Studie eine neue Ära der Medizin einleiten würde, gealterte und geschädigte Gehirne therapieren zu können.

Eine Translation zum Menschen muss noch erfolgen.

Fazit

Die Behandlung des Glaukoms besteht aktuell in der Senkung des Augeninnendrucks, um das Fortschreiten der Erkrankung zu verhindern. Bereits eingetretene Schäden lassen sich auf diese Weise bisher nicht reparieren. Doch das Verständnis der Mechanismen, die beim Glaukom zum Absterben der retinalen Ganglienzellen und der Sehnervenfasern führen, ist in den vergangenen Jahren erweitert worden. Das eröffnet den Weg zu neuen Behandlungsansätzen, die auf den Schutz des Sehnervs abzielen. Mit einer Gentherapie scheint sogar eine Regeneration des Sehnervs möglich. Bisher liegen dazu allerdings erst Ergebnisse aus Tiermodellen vor, eine Translation der Erkenntnisse auf den Menschen muss noch erfolgen.

Prof. Dr. Verena Prokosch-Willing

Zentrum für Augenheilkunde der Uniklinik Köln

Kerpener Str. 62

50937 Köln

Tel. 0221 / 478 7720

E-Mail: verena.prokosch-willing@uk-koeln.de

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Hornhautveränderungen bei LiderkrankungenWie lässt sich das Sehvermögen schützen? Pressemitteilung zur AAD 2021 online

19.03.2021 – 10:13

Berufsverband der Augenärzte Deutschlands. e.V.

Hornhautveränderungen bei Liderkrankungen
Wie lässt sich das Sehvermögen schützen? Pressemitteilung zur AAD 2021 online


















Düsseldorf (ots)

Die Augenoberfläche ist ein sensibles System. Jedes einzelne ihrer Bestandteile – die Lider, die Bindehaut, die Hornhaut und der Tränenfilm – spielt eine wichtige Rolle. So lange alles funktioniert, ist uns gar nicht bewusst, wie komplex dieses Zusammenspiel ist. Doch eine Störung an einem Teil wirkt sich auf alle anderen aus. Das kann gravierende Folgen für das Sehvermögen und das Wohlbefinden des Betroffenen haben.

Die Hornhaut schließt als klare „Windschutzscheibe“ das Auge nach vorne ab. Sie ist ringförmig umgeben von der Bindehaut, einer Schleimhaut, die auch die Innenseite der Augenlider auskleidet. Mit jedem Lidschlag verteilt sie wie ein weiches Tuch den Tränenfilm auf der Hornhaut und entfernt kleine Fremdkörper, die das Auge irritieren könnten. Der Tränenfilm besteht aus mehreren Schichten. Den größten Teil bildet eine in den Tränendrüsen gebildete Flüssigkeit, die Nährstoffe für die Hornhaut enthält, aber auch Abwehrzellen gegen Infektionen. Die Haupttränendrüse liegt in der Augenhöhle seitlich über dem Augapfel, in der Bindehaut gibt es zusätzliche kleine wässrige Tränendrüsen. Damit die Tränen nicht zu schnell verdunsten oder aus dem Auge rollen, werden sie von einer öligen Schicht bedeckt, die von den Meibom-Drüsen im Bereich der Lidkante gebildet wird. Eine innere Schleimschicht bedeckt die Augenoberfläche direkt. Sie macht die wasserabweisende Hornhaut zu einer wasserfreundlichen Schicht, so dass sich der Tränenfilm anlegen kann.

Wie verändert sich die Hornhaut durch Erkrankungen der Lider?

Erkrankungen der Augenlider ziehen oft Veränderungen der Hornhaut nach sich, die nicht übersehen werden sollten. So kann es zu einer Verformung der Hornhaut kommen, die die Sehschärfe mindert. Die Hornhaut kann als Folge einer Liderkrankung ihre Form verändern; Blutgefäße wachsen möglicherweise ein und mindern die Transparenz der Hornhaut; Hornhaut-Geschwüre (Ulzera) können sich bilden und schließlich kann sogar eine Perforation der Hornhaut die Folge der Liderkrankung sein.

Was sind die ursächlichen Mechanismen für Hornhautveränderungen bei Liderkrankungen?

Diese Veränderungen sind mögliche Folgen unterschiedlicher Mechanismen: Tumore können Druck auf die Hornhaut ausüben und sie verformen. Ein fehlender Lidschluss verhindert, dass die Hornhaut feucht gehalten wird. Wimpern können auf der empfindlichen Augenoberfläche scheuern und sie reizen. Schließlich können Infektionen mit Viren oder Bakterien und Entzündungen auf Liderkrankungen zurückgehen.

Lidfehlstellungen: Ektropium, Entropium, Floppy Eyelid

Eine häufige Lidfehlstellung, die Hornhautveränderungen verursacht, ist das Ektropium, bei dem die Kante des Augenlids – meist ist es das Unterlid – nach außen wegkippt. Ein Ektropium kann angeboren sein, es ist oft aber auch die Folge von Alterungsprozessen. Es kann dazu führen, dass das Auge austrocknet, weil das Lid nicht mehr dem Auge anliegt und der Tränenfilm nicht mehr so gut auf dem Auge verteilt wird. Diese Austrocknung kann Schäden an der Hornhautoberfläche bis hin zu Hornhaut-Geschwüren zur Folge haben. Ein chirurgischer Eingriff an den Lidern ist dann der gebotene Weg, damit die Hornhaut heilen kann.

Im Gegensatz zum Ektropium liegt ein Entropium vor, wenn die Lidkante sich nach innen dreht. Das kann die Folge einer Narbenbildung der Bindehaut sein, eine Folge von Alterungsprozessen oder – selten – eine angeborene Fehlstellung. Sind Bindehautnarben die Ursache des Entropiums, muss geklärt werden, wie sie sich gebildet haben. Eine Entzündung aufgrund einer Autoimmunerkrankung (z.B. einem Schleimhautpemphigoid) kann dahinter stecken oder auch die Folgen einer bakteriellen Infektion des Auges. Insbesondere in Gegenden mit mangelnden Möglichkeiten zur Hygiene ist das Trachom häufig, eine Infektion der Augen mit Chlamydien, die die Bindehaut vernarben lässt. Bei einem Entropium drehen sich die Wimpern nach innen und scheuern andauernd auf der Hornhaut. Das ist schmerzhaft und führt zu Hornhautschäden bis hin zur kompletten Hornhauteintrübung. Nur eine frühzeitige Behandlung der Infektion (beim Trachom) oder eine Operation der Lider (beim Entropium im Allgemeinen) kann helfen, das zu verhindern.

Vom „Floppy Eyelid“ ist die Rede, wenn das ganze Oberlid leicht nach außen geklappt werden kann. Der Tarsus, eine schalenförmige Verstärkung des Augenlids, die aus Bindegewebe besteht, ist dann gummiartig verändert. Patienten mit einem Floppy Eyelid Syndrom leiden häufig auch an einem Keratokonus, das ist eine krankhafte Vorwölbung der Hornhaut. Andere Krankheiten, die bei diesen Patienten häufiger beobachtet werden, ist das Glaukom (Grüner Star) und das Schlafapnoe-Syndrom, bei dem es zu Atemaussetzern im Schlaf kommt. Das Flopppy Eyelid Syndrom führt oft zu einem Trockenen Auge, zu oberflächlichen Verletzungen (Hornhauterosionen) und zum Einwachsen von Gefäßen in die geschädigte Hornhaut (Vaskularisation). Oft kommt noch eine Störung der Meibom-Drüsen hinzu. Die Behandlung des Floppy Eyelid Syndroms besteht zum Einen in der Gabe von Tränenersatzmitteln. Nachts kommen Gele und Salben zum Einsatz, die das Austrocknen des Auges verhindern, außerdem können Schutzschilder die Augen in der Nacht geschlossen halten. Patienten mit einer Schlafapnoe, die nachts Beatmungsmasken nutzen, sollten darauf achten, dass die Maske dicht am Gesicht anliegt und dass die Luft nicht durch Lecks entweichen kann. Wenn diese konservative Behandlung nicht ausreicht, kann das Oberlid durch eine Operation gestrafft werden.

Lidtumore

Tumore üben Druck auf den Augapfel aus und verursachen so Sehfehler. Außerdem können sie eine Entzündung der Lidränder und der Bindehaut hervorrufen, eine Blepharokonjunktivitis.

Ein recht häufiger Tumor bei Kindern ist das Blutschwämmchen (Hämangiom). Je nach Größe und Position kann es die Blickachse verdecken und dann die Entwicklung des Sehvermögens gefährden. Wird es nicht behandelt, droht eine einseitige Sehschwäche (Amblyopie). Das Hämangiom wird unter der Gabe von Propranolol, einem Betablocker, kleiner. Bei 40 Prozent der Kinder geht dann auch der durch den Tumor verursachte Astigmatismus zurück. Nur etwa jedes zehnte Kind benötigt nach dieser Behandlung noch eine Amplyopieprophylaxe.

Ein Chalazion, umgangssprachlich Hagelkorn genannt, ist eine chronische Entzündung, die von einer Meibom-Drüse ausgeht. Der Ausgang der Drüse ist dabei verstopft und so entwickelt sich langsam an der Lidkante ein Knötchen, das nicht schmerzhaft ist, das aber die Größe einer Haselnuss erreichen kann. Große Chalazien, die mitten auf dem Oberlid sitzen, können dann einen Astigmatismus verursachen. Da es sich um die Erkrankung der Meibom-Drüse handelt, kann auch die Stabilität des Tränenfilms beeinträchtigt sein, weil die schützende ölige Schicht nicht ausreichend gebildet wird. Das Chalazion lässt sich durch eine Injektion mit Kortikosteroiden oder eine Exzision entfernen. Danach bessern sich auch die Beschwerden der Hornhaut.

Lidinfektionen

Nach einer Infektion mit Windpocken in der Kindheit kann das Varizella-Zoster-Virus unter Umständen in Nervenganglien dauerhaft erhalten bleiben. Ist der 1. Ast des Gesichtsnerven (Nervus Ophthalmicus) davon betroffen, dann wird das Auge in Mitleidenschaft gezogen. Eine Infektion kann bei einer Immunschwäche oder im höheren Alter wieder aktiviert werden. Dann ruft es Entzündungen an Lid, Bindehaut und/oder Hornhaut hervor, sogar eine Uveitis, eine Entzündung im Auge, ist möglich. Die Krankheit ist sehr schmerzhaft und kann Lidfehlstellungen zur Folge haben. Weil der Hornhautnerv geschädigt ist, kann die Hornhautsensibilität reduziert sein. Die Hornhaut wird anfälliger für Verletzungen und auch ihr Heilungsvermögen lässt nach. Auch ein Glaukom kann als Komplikation einer solchen Erkrankung auftreten. Behandelt wird diese Infektion mit antiviralen Medikamenten, die systemisch eingenommen werden; hinzu kommt eventuell noch eine lokale Behandlung mit Kortisonpräparaten. Für Personen ab dem 60. Lebensjahr wird von der STIKO (Ständige Impfkomission) des Robert Koch Instituts eine Zosterschutzimpfung empfohlen.

Lidallergien

Auch Allergien – ob der klassische Heuschnupfen (Rhinokonjuktivitis) oder eine Kontaktallergie – führen zur Entzündung der Bindehaut und der Lider. Sie können in der Folge Schäden an der Hornhaut bis hin zu Geschwüren und Narben auf der Hornhaut auslösen. Weil Allergien oft mit starkem Juckreiz verbunden sind, reiben sich die Betroffenen häufig die Augen, was die Probleme aber noch verstärkt. Abhilfe verschafft, so weit es möglich ist, eine Allergenkarenz. Daneben helfen Augentropfen mit antiallergischen Wirkstoffen (Antihistamine, Mastzellstabilisatoren). Unkonservierte Tränenersatzmittel lindern die Beschwerden zusätzlich, eine Lidkantenpflege ist zu empfehlen und unter Umständen wird auch Kortison oder eine weiterführende entzündungshemmende Therapie mit anderen immunsupprimierenden Substanzen eingesetzt.

Blepharitis / Meibom-Drüsen-Dysfunktion

Schließlich haben auch eine Entzündung der Lider (Blepharitis) und eine Meibom-Drüsen-Dysfunktion nachteilige Auswirkungen auf die Hornhaut. Bei einer Meibom-Drüsen-Dysfunktion sind die Ausführungsgänge der Drüsen zunächst durch verdicktes Sekret verstopft, nach und nach gehen die Drüsen verloren. Dadurch verändern sich Qualität und Quantität des Lipidfilms, der den Tränenfilm schützt. Die Folge ist eine zu rasche Verdunstung der Tränen und ein Austrocknen der Augenoberfläche. Eine kontinuierliche Pflege der Lidkanten umfasst die Erwärmung und Massage der Lider (Lidkantenpflege), damit verdicktes Sekret sich löst und die Ausgänge der Drüsen wieder frei werden. Tränenersatzmittel mit Lipiden und eventuell Augentropfen mit antibiotischer und antientzündlicher Wirkung können die Behandlung bei Bedarf ergänzen.

Fazit

Die Augenoberfläche ist ein komplexes System, bei dem Lider, Bindehaut, Tränenfilm und Hornhaut sich gegenseitig beeinflussen. Erkrankt ein Bestandteil dieses Systems, dann hat das auch für die anderen Strukturen Folgen. Gerade bei Liderkrankungen sind in der Folge oft krankhafte Veränderungen der Hornhaut zu beobachten. Die Behandlung kann je nach Krankheit viel Geduld erfordern. Bei Lidfehlstellungen sind oft Operationen notwendig, die dann auch eine Abheilung der Hornhaut ermöglichen.

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Aktuelle Therapieoptionen bei endokriner OrbitopathieNeue Behandlungen in Sicht – Pressemitteilung zur AAD 2021 online

18.03.2021 – 11:24

Berufsverband der Augenärzte Deutschlands. e.V.

Aktuelle Therapieoptionen bei endokriner Orbitopathie
Neue Behandlungen in Sicht – Pressemitteilung zur AAD 2021 online


















Düsseldorf (ots)

Die endokrine Orbitopathie ist eine Autoimmunkrankheit, die die Betroffenen stark belasten kann. Sie führt zu Entzündungen und Schwellungen in der Augenhöhle (Orbita). In den meisten Fällen tritt sie zusammen mit einer Fehlfunktion der Schilddrüse, dem Morbus Basedow auf. Die Krankheit kann das Sehvermögen bedrohen und die Lebensqualität vor allem auch durch das verändertes Aussehen der Betroffenen – in den meisten Fällen sind es Frauen – sehr stark beeinträchtigen. Das Wissen über die Krankheit und über Risikofaktoren für ihre Entwicklung beziehungsweise ihr Fortschreiten hat sich in den vergangenen Jahren aber deutlich erweitert. Auch neue Behandlungsmöglichkeiten werden entwickelt und bieten die Aussicht, dass sich die Krankheit besser in den Griff bekommen lässt. Die Behandlung schwerer Krankheitsformen bleibt aber eine Herausforderung.

Autoantikörper gegen das Schilddrüsen-Hormon TSH

Bei dieser Autoimmunerkrankung bildet der Körper Antikörper gegen die Rezeptoren für das Hormon TSH, das maßgeblich das Schilddrüsenwachstum beeinflusst. Diese Rezeptoren finden sich auch in der Augenhöhle. Deshalb tritt die endokrine Orbitopathie (EO) besonders häufig zusammen mit dem Morbus Basedow auf, der zu einer Schilddrüsenüberfunktion führt. Seltener wird die EO bei einer Hashimoto-Thyreoiditis, einer chronischen Entzündung der Schilddrüse oder gänzlich ohne eine Erkrankung der Schilddrüse beobachtet. In der Orbita führt die Erkrankung zur Bildung von Fettgewebe sowie zu einem Anschwellen der Augenmuskeln und des Bindegewebes.

Symptome

Die Entzündung verursacht Schmerzen und ein Druckgefühl hinter den Augen. Auch Augenbewegungen sind schmerzhaft. In Lidern und Bindehaut finden sich Flüssigkeitseinlagerungen (Ödeme) und sie sind gerötet. Der Augapfel kann hervortreten (Exophthalmus), dadurch wird der Lidschluss erschwert bis unmöglich, so dass die Hornhaut nicht mehr benetzt wird und Hornhautgeschwüre (Ulzera) entstehen können. Die Beweglichkeit der Augen und des Lidhebermuskels wird durch die Krankheit eingeschränkt. Starrer Blick und Doppelbilder (Diplopie) sind die Folge. Die Gewebe-Zunahme in der Augenhöhle kann schließlich auch auf den Sehnerv Druck ausüben, so dass Gesichtsfeldausfälle entstehen, die Sehschärfe und das Farbensehen werden beeinträchtigt bis hin zur Gefahr der Erblindung.

Aktivität und Schweregrad der Krankheit beobachten

Schwere Formen der EO treten selten auf. Wenn eine Schilddrüsenüberfunktion bei Morbus Basedow diagnostiziert wird, findet sich bei drei Vierteln der Betroffenen noch kein Hinweis auf eine Beteiligung der Augen. Doch bei einem Teil der Patienten entwickelt sich die Augenkrankheit erst im weiteren Verlauf (ca 15%). Für die individuelle Therapie ist es wesentlich, das Stadium und die Aktivität der Erkrankung zu beurteilen. Von einer milden EO ist die Rede, wenn die Lidretraktion höchstens zwei Millimeter beträgt, der Exophthalmus nicht mehr als drei Millimeter und wenn die Augenbeweglichkeit nur schwach beeinträchtigt ist. Das Allgemeinbefinden ist in diesen milden Fällen nicht stark beeinträchtigt. Ein moderates Stadium ist durch eine Lidretraktion von mehr als zwei Millimetern gekennzeichnet, eine stärkere Beteiligung des Weichteilgewebes, einen Exophthalmus von mehr als drei Millimetern und eine deutliche Einschränkung der Augenbeweglichkeit. Eine das Sehvermögen bedrohende EO liegt vor, wenn der Sehnerv komprimiert wird und/oder es durch den fehlenden Lidschluss zu Hornhautschäden kommt.

Die Krankheitsaktivität lässt sich an subjektiven Parametern wie Schmerzen und Druckgefühl hinter den Augen ablesen und an objektiven Entzündungszeichen wie Schwellungen und Rötungen der Lider, der Bindehaut und der Karunkel (ein knötchenförmiges Gebilde im nasenseitigen Lidwinkel). Auch die Zunahme des Exophthalmus, die Abnahme der Augenbeweglichkeit und eine Abnahme der Sehschärfe deuten auf eine Aktivität der EO hin.

Wie wird eine aktive EO behandelt?

Die Therapie der EO ist eine Herausforderung und erfolgt häufig in spezialisierten Zentren. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Augenärzten mit Kollegen anderer Disziplinen wie Allgemeinärzten und Endokrinologen spielt dabei eine große Rolle. Wichtig ist es, die Entzündungsaktivität möglichst früh und wirksam zu unterbinden. Rauchen, hohe Anti TSH Rezeptor Autoantikörperspiegel und eine schlecht eingestellte Schilddrüsenfunktion steigern das Risiko für das Fortschreiten der EO. Deshalb steht der dringende Rat, auf Nikotin zu verzichten und die sorgfältige Kontrolle der Schilddrüsenfunktion vor allem am Beginn der Therapie. In einem frühen Stadium einer aktiven EO genügt dann häufig die Gabe von Selen, um die Entzündung zu mildern.

Bei einer moderaten bis schweren EO ist eine Behandlung mit Steroiden (intravenös) angezeigt. Hinzu kommt, wenn die Augenbeweglichkeit eingeschränkt ist, die Orbitaspitzenbestrahlung. Bisher gibt es für die Therapie der EO über Steroide hinaus keine Zulassung für Medikamente, die das Immunsystem unterdrücken. Wenn Patienten innerhalb der ersten sechs Wochen nicht auf eine Therapie mit Steroiden ansprechen, kann aber eine stärkere immunsuppressive Behandlung erwogen werden. Hier kommen verschiedene Wirkstoffe in Frage, zum Beispiel Mycophenolat-Mofetil (MMF), Rituximab, Azathioprin und Tocolizumab. Dafür muss ein Kostenübernahmeantrag für eine so genannte off label Therapie bei der Krankenkasse gestellt werden.

Hinzu kommen unterstützende Behandlungen: Benetzungsstörungen der Hornhaut können mit Tränenersatzmitteln gelindert werden, Lymphdrainage und die Behandlung mit Botulinumtoxin kann eingesetzt werden. Beim Auftreten von Doppelbildern können Prismenbrillen verordnet werden.

Drei bis sechs Prozent der Patienten entwickeln trotz maximaler entzündungshemmender Therapie eine das Sehvermögen bedrohende EO mit einer Kompression des Sehnervs. Die entzündliche Schwellung, die Bildung von Fettgewebe und das Anschwellen der Muskeln verringern die Durchblutung des Sehnervs. Diese schweren Fälle werden mit hochdosierten intravenösen Steroidgaben (drei Mal ein Gramm pro Woche über zwei Wochen) behandelt. Hilft dies nicht ausreichend muss eine Entlastungs-Operation an der Augenhöhle erfolgen (Orbitadekompression). Sie kann als Notfallmaßnahme bei einer Quetschung des Sehnervs oder bei Hornhautulzera und Lagophthalmus notwendig werden.

Neue Therapiemöglichkeiten

Sowohl Steroide als auch Immunsuppressiva können zwar die Entzündungsaktivität bremsen, eine Vollheilung ist aber selten. Meist persistieren Lidschwellung durch Fettablagerung, Exophthalmus und eingeschränkte Augenbeweglichkeit. Neue Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung haben das Verständnis der krankhaften Vorgänge bei der EO aber erweitert. Zwischen dem TSH-Rezeptor und dem IGF-1-Rezeptor kommt es zu Wechselwirkungen durch die Bindung der TSHR-Auto Antikörper. Diese Erkenntnis führte zur Entwicklung neuer Therapieansätze: EO-Patienten werden mit Anti IGF-1-Rezeptor-Antikörpern behandelt (Teprotumumab). In klinischen Studien der Phase II und Phase III zeigte sich, dass diese Behandlung nicht nur die Aktivität der EO stoppt, sondern dass sie auch die Augenbeweglichkeit bessert und den Exophthalmus verringert. Dadurch ging die Wahrnehmung von Doppelbildern zurück. Die Lebensqualität der Studienteilnehmer besserte sich entsprechend signifikant. Die US-amerikanische Food and Drug Administration (FDA) hat Teprotumumab im Januar 2020 zugelassen. Die Zulassung in Europa wird erwartet.

Ein weiterer neuer Ansatz beruht auf der allmählichen Gewöhnung des Immunsystems an den TSHR ähnlich einer Hyposensibilisierung bei Allergien. In einer Phase I-Studie mit 10 Patienten, die an Morbus Basedow erkrankt waren, ließ sich auf diese Weise die Schilddrüsenfunktion bei zwei Dritteln der Patienten bessern. Ein Effekt auf die EO kann auch hier erwartet werden.

Behandlung der inaktiven EO

Bei Patienten ohne aktive Entzündung und einer über sechs Monate stabilen Schilddrüsenfunktion können die Folgen der EO operativ behandelt werden. Mehrere Eingriffe sind oft notwendig: Zunächst erfolgt die knöcherne Orbitadekompression mit Entfernung des orbitalen Fettgewebes. Der zweite Schritt sind Augenmuskeloperationen, zudem sind oft als letzter Schritt lidchirurgische Eingriffe notwendig. Dadurch lässt sich die Lebensqualität der Patienten erheblich steigern.

Fazit

Die endokrine Orbitopathie belastet die betroffenen Patienten schwer. Die Behandlung richtet sich nach der Schwere und der Aktivität der Erkrankung. Aktuell ist die intravenöse Behandlung mit Steroiden die Therapie der Wahl. Wenn die Patienten darauf nach sechs Wochen nicht ansprechen, kommen immunsuppressive Medikamente zum Einsatz. Mit Steroiden und Immunsuppressiva lässt sich zwar die Entzündung stoppen, bereits eingetretene Folgen lassen sich damit aber nicht vollständig rückgängig machen. Deshalb werden in der inaktiven Phase der Therapie operative Eingriffe notwendig. Neue Behandlungsmöglichkeiten der EO, insbesondere die Therapie mit Teprotumumab lassen darauf hoffen, dass der Bedarf für solche schweren Eingriffe in Zukunft sinken wird und dass sich die Lebensqualität der Patienten bessern wird.

Prof. Dr. Anja Eckstein

Oberärztin (Strabologie, Neuroophthalmologie, okuloplastisch rekonstruktive Chirurgie)

Klinik für Augenheilkunde

Hufelandstr. 55

45147 Essen

Tel.: 0201 / 723 2907

Fax: 0201 / 723 6755

E-Mail: anja.eckstein@uk-essen.de

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Aktuelle Therapieoptionen bei endokriner OrbitopathieNeue Behandlungen in Sicht – Pressemitteilung zur AAD 2021 online

18.03.2021 – 11:24

Berufsverband der Augenärzte Deutschlands. e.V.

Aktuelle Therapieoptionen bei endokriner Orbitopathie
Neue Behandlungen in Sicht – Pressemitteilung zur AAD 2021 online


















Düsseldorf (ots)

Die endokrine Orbitopathie ist eine Autoimmunkrankheit, die die Betroffenen stark belasten kann. Sie führt zu Entzündungen und Schwellungen in der Augenhöhle (Orbita). In den meisten Fällen tritt sie zusammen mit einer Fehlfunktion der Schilddrüse, dem Morbus Basedow auf. Die Krankheit kann das Sehvermögen bedrohen und die Lebensqualität vor allem auch durch das verändertes Aussehen der Betroffenen – in den meisten Fällen sind es Frauen – sehr stark beeinträchtigen. Das Wissen über die Krankheit und über Risikofaktoren für ihre Entwicklung beziehungsweise ihr Fortschreiten hat sich in den vergangenen Jahren aber deutlich erweitert. Auch neue Behandlungsmöglichkeiten werden entwickelt und bieten die Aussicht, dass sich die Krankheit besser in den Griff bekommen lässt. Die Behandlung schwerer Krankheitsformen bleibt aber eine Herausforderung.

Autoantikörper gegen das Schilddrüsen-Hormon TSH

Bei dieser Autoimmunerkrankung bildet der Körper Antikörper gegen die Rezeptoren für das Hormon TSH, das maßgeblich das Schilddrüsenwachstum beeinflusst. Diese Rezeptoren finden sich auch in der Augenhöhle. Deshalb tritt die endokrine Orbitopathie (EO) besonders häufig zusammen mit dem Morbus Basedow auf, der zu einer Schilddrüsenüberfunktion führt. Seltener wird die EO bei einer Hashimoto-Thyreoiditis, einer chronischen Entzündung der Schilddrüse oder gänzlich ohne eine Erkrankung der Schilddrüse beobachtet. In der Orbita führt die Erkrankung zur Bildung von Fettgewebe sowie zu einem Anschwellen der Augenmuskeln und des Bindegewebes.

Symptome

Die Entzündung verursacht Schmerzen und ein Druckgefühl hinter den Augen. Auch Augenbewegungen sind schmerzhaft. In Lidern und Bindehaut finden sich Flüssigkeitseinlagerungen (Ödeme) und sie sind gerötet. Der Augapfel kann hervortreten (Exophthalmus), dadurch wird der Lidschluss erschwert bis unmöglich, so dass die Hornhaut nicht mehr benetzt wird und Hornhautgeschwüre (Ulzera) entstehen können. Die Beweglichkeit der Augen und des Lidhebermuskels wird durch die Krankheit eingeschränkt. Starrer Blick und Doppelbilder (Diplopie) sind die Folge. Die Gewebe-Zunahme in der Augenhöhle kann schließlich auch auf den Sehnerv Druck ausüben, so dass Gesichtsfeldausfälle entstehen, die Sehschärfe und das Farbensehen werden beeinträchtigt bis hin zur Gefahr der Erblindung.

Aktivität und Schweregrad der Krankheit beobachten

Schwere Formen der EO treten selten auf. Wenn eine Schilddrüsenüberfunktion bei Morbus Basedow diagnostiziert wird, findet sich bei drei Vierteln der Betroffenen noch kein Hinweis auf eine Beteiligung der Augen. Doch bei einem Teil der Patienten entwickelt sich die Augenkrankheit erst im weiteren Verlauf (ca 15%). Für die individuelle Therapie ist es wesentlich, das Stadium und die Aktivität der Erkrankung zu beurteilen. Von einer milden EO ist die Rede, wenn die Lidretraktion höchstens zwei Millimeter beträgt, der Exophthalmus nicht mehr als drei Millimeter und wenn die Augenbeweglichkeit nur schwach beeinträchtigt ist. Das Allgemeinbefinden ist in diesen milden Fällen nicht stark beeinträchtigt. Ein moderates Stadium ist durch eine Lidretraktion von mehr als zwei Millimetern gekennzeichnet, eine stärkere Beteiligung des Weichteilgewebes, einen Exophthalmus von mehr als drei Millimetern und eine deutliche Einschränkung der Augenbeweglichkeit. Eine das Sehvermögen bedrohende EO liegt vor, wenn der Sehnerv komprimiert wird und/oder es durch den fehlenden Lidschluss zu Hornhautschäden kommt.

Die Krankheitsaktivität lässt sich an subjektiven Parametern wie Schmerzen und Druckgefühl hinter den Augen ablesen und an objektiven Entzündungszeichen wie Schwellungen und Rötungen der Lider, der Bindehaut und der Karunkel (ein knötchenförmiges Gebilde im nasenseitigen Lidwinkel). Auch die Zunahme des Exophthalmus, die Abnahme der Augenbeweglichkeit und eine Abnahme der Sehschärfe deuten auf eine Aktivität der EO hin.

Wie wird eine aktive EO behandelt?

Die Therapie der EO ist eine Herausforderung und erfolgt häufig in spezialisierten Zentren. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Augenärzten mit Kollegen anderer Disziplinen wie Allgemeinärzten und Endokrinologen spielt dabei eine große Rolle. Wichtig ist es, die Entzündungsaktivität möglichst früh und wirksam zu unterbinden. Rauchen, hohe Anti TSH Rezeptor Autoantikörperspiegel und eine schlecht eingestellte Schilddrüsenfunktion steigern das Risiko für das Fortschreiten der EO. Deshalb steht der dringende Rat, auf Nikotin zu verzichten und die sorgfältige Kontrolle der Schilddrüsenfunktion vor allem am Beginn der Therapie. In einem frühen Stadium einer aktiven EO genügt dann häufig die Gabe von Selen, um die Entzündung zu mildern.

Bei einer moderaten bis schweren EO ist eine Behandlung mit Steroiden (intravenös) angezeigt. Hinzu kommt, wenn die Augenbeweglichkeit eingeschränkt ist, die Orbitaspitzenbestrahlung. Bisher gibt es für die Therapie der EO über Steroide hinaus keine Zulassung für Medikamente, die das Immunsystem unterdrücken. Wenn Patienten innerhalb der ersten sechs Wochen nicht auf eine Therapie mit Steroiden ansprechen, kann aber eine stärkere immunsuppressive Behandlung erwogen werden. Hier kommen verschiedene Wirkstoffe in Frage, zum Beispiel Mycophenolat-Mofetil (MMF), Rituximab, Azathioprin und Tocolizumab. Dafür muss ein Kostenübernahmeantrag für eine so genannte off label Therapie bei der Krankenkasse gestellt werden.

Hinzu kommen unterstützende Behandlungen: Benetzungsstörungen der Hornhaut können mit Tränenersatzmitteln gelindert werden, Lymphdrainage und die Behandlung mit Botulinumtoxin kann eingesetzt werden. Beim Auftreten von Doppelbildern können Prismenbrillen verordnet werden.

Drei bis sechs Prozent der Patienten entwickeln trotz maximaler entzündungshemmender Therapie eine das Sehvermögen bedrohende EO mit einer Kompression des Sehnervs. Die entzündliche Schwellung, die Bildung von Fettgewebe und das Anschwellen der Muskeln verringern die Durchblutung des Sehnervs. Diese schweren Fälle werden mit hochdosierten intravenösen Steroidgaben (drei Mal ein Gramm pro Woche über zwei Wochen) behandelt. Hilft dies nicht ausreichend muss eine Entlastungs-Operation an der Augenhöhle erfolgen (Orbitadekompression). Sie kann als Notfallmaßnahme bei einer Quetschung des Sehnervs oder bei Hornhautulzera und Lagophthalmus notwendig werden.

Neue Therapiemöglichkeiten

Sowohl Steroide als auch Immunsuppressiva können zwar die Entzündungsaktivität bremsen, eine Vollheilung ist aber selten. Meist persistieren Lidschwellung durch Fettablagerung, Exophthalmus und eingeschränkte Augenbeweglichkeit. Neue Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung haben das Verständnis der krankhaften Vorgänge bei der EO aber erweitert. Zwischen dem TSH-Rezeptor und dem IGF-1-Rezeptor kommt es zu Wechselwirkungen durch die Bindung der TSHR-Auto Antikörper. Diese Erkenntnis führte zur Entwicklung neuer Therapieansätze: EO-Patienten werden mit Anti IGF-1-Rezeptor-Antikörpern behandelt (Teprotumumab). In klinischen Studien der Phase II und Phase III zeigte sich, dass diese Behandlung nicht nur die Aktivität der EO stoppt, sondern dass sie auch die Augenbeweglichkeit bessert und den Exophthalmus verringert. Dadurch ging die Wahrnehmung von Doppelbildern zurück. Die Lebensqualität der Studienteilnehmer besserte sich entsprechend signifikant. Die US-amerikanische Food and Drug Administration (FDA) hat Teprotumumab im Januar 2020 zugelassen. Die Zulassung in Europa wird erwartet.

Ein weiterer neuer Ansatz beruht auf der allmählichen Gewöhnung des Immunsystems an den TSHR ähnlich einer Hyposensibilisierung bei Allergien. In einer Phase I-Studie mit 10 Patienten, die an Morbus Basedow erkrankt waren, ließ sich auf diese Weise die Schilddrüsenfunktion bei zwei Dritteln der Patienten bessern. Ein Effekt auf die EO kann auch hier erwartet werden.

Behandlung der inaktiven EO

Bei Patienten ohne aktive Entzündung und einer über sechs Monate stabilen Schilddrüsenfunktion können die Folgen der EO operativ behandelt werden. Mehrere Eingriffe sind oft notwendig: Zunächst erfolgt die knöcherne Orbitadekompression mit Entfernung des orbitalen Fettgewebes. Der zweite Schritt sind Augenmuskeloperationen, zudem sind oft als letzter Schritt lidchirurgische Eingriffe notwendig. Dadurch lässt sich die Lebensqualität der Patienten erheblich steigern.

Fazit

Die endokrine Orbitopathie belastet die betroffenen Patienten schwer. Die Behandlung richtet sich nach der Schwere und der Aktivität der Erkrankung. Aktuell ist die intravenöse Behandlung mit Steroiden die Therapie der Wahl. Wenn die Patienten darauf nach sechs Wochen nicht ansprechen, kommen immunsuppressive Medikamente zum Einsatz. Mit Steroiden und Immunsuppressiva lässt sich zwar die Entzündung stoppen, bereits eingetretene Folgen lassen sich damit aber nicht vollständig rückgängig machen. Deshalb werden in der inaktiven Phase der Therapie operative Eingriffe notwendig. Neue Behandlungsmöglichkeiten der EO, insbesondere die Therapie mit Teprotumumab lassen darauf hoffen, dass der Bedarf für solche schweren Eingriffe in Zukunft sinken wird und dass sich die Lebensqualität der Patienten bessern wird.

Prof. Dr. Anja Eckstein

Oberärztin (Strabologie, Neuroophthalmologie, okuloplastisch rekonstruktive Chirurgie)

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Glaukom jenseits des AugeninnendruckesWelche neuen Erkenntnisse gibt es? – Pressemeldung zur AAD 2021 online

18.03.2021 – 14:00

Berufsverband der Augenärzte Deutschlands. e.V.

Glaukom jenseits des Augeninnendruckes
Welche neuen Erkenntnisse gibt es? – Pressemeldung zur AAD 2021 online


















Düsseldorf (ots)

Das Glaukom ist eine der Hauptursachen für irreversible Erblindung weltweit. Insgesamt sind Schätzungen zufolge derzeit fast 80 Millionen Menschen betroffen. Im Jahr 2010 waren es noch circa 68 Millionen Patienten, davon erblindeten 6,7 Millionen. Das Glaukom ist eine altersabhängige Erkrankung. Die Inzidenz, also die Zahl der Patienten, die neu erkranken, verdreifacht sich pro Jahrzehnt Lebensalter, während die Inzidenz der Erblindung sich pro Jahrzehnt Lebensalter verzehnfacht. Aufgrund des demografischen Wandels, einschließlich einer alternden Bevölkerung, beträgt die geschätzte Zahl der Glaukompatienten im Jahr 2020 weltweit 79,6 Millionen. Daher wird mit zunehmender Alterung der Bevölkerung die Prävalenz und Bedeutung der Erkrankung steigen.

Das Glaukom ist durch einen zunehmenden Verlust von Ganglienzellen der Netzhaut (RGC) und eine Schädigung des Sehnervs mit den Axonen gekennzeichnet. Diese unterlaufen dem programmierten Zelltod der Apoptose. Hauptrisikofaktoren sind neben dem Alter der erhöhte Augeninnendruck des Patienten.

Die Therapie heute: Augeninnendruck senken

Die einzige evidenzbasierte Behandlung des Glaukoms ist derzeit die Augeninnendrucksenkung, um das Fortschreiten der Erkrankung zu verhindern. Dies geschieht dabei zunächst medikamentös oder durch Lasern. Ist dies nicht ausreichend oder nicht möglich, kann das Glaukom mit einer Operation behandelt werden. Bislang ist die Trabekulektomie der Goldstandard in der operativen Behandlung. Es hat sich gezeigt, dass eine Senkung des Augeninnendrucks um 20 bis 40 Prozent die Rate des progressiven Gesichtsfeldverlusts deutlich verringert.

Risikofaktoren jenseits des Augeninnendrucks

Bei einem erheblichen Teil der Glaukompatienten tritt jedoch trotz erfolgreicher Augeninnendrucksenkung ein Sehverlust auf. Dabei spielen Risikofaktoren eine Rolle, die nicht vom Augeninnendruck abhängig sind. Trotz der Tatsache, dass Maßnahmen zur Senkung des Augeninnendrucks das Progressionsrisiko senken und den Beginn des Glaukoms verzögern, sind die Ursachen des Glaukoms umstritten und noch nicht geklärt. Die Erkrankung wird durch momentane diagnostische Maßnahmen wie Gesichtsfeld erst spät erkannt und bleibt damit oft unentdeckt. 50 Prozent der Patienten wissen nicht, dass sie das Glaukom haben. Früherkennungsuntersuchungen mit Sehnerv-Check und Messung des Augeninnendrucks sind die einzige Möglichkeit, ein Glaukom zu erkennen, bevor ein nicht wieder gut zu machender Schaden entstanden ist. Der Bedarf an neuen Behandlungsansätzen und Neuroprotektiva (den Nerv schützenden Medikamenten) ist hoch.

Neue Einsichten in das Krankheitsgeschehen

In den letzten zehn Jahren hat unser Verständnis der pathophysiologischen molekularen Mechanismen des Glaukoms erheblich zugenommen. Darauf aufbauend, wurde eine Vielzahl von neuroprotektiven Mitteln vorgeschlagen, die auf molekulare Veränderungen abzielen.

Zu den Mechanismen, die einen Verlust an RGC auslösen, gehören:

(1) Exzitotoxizität, also der Tod der Nervenzelle durch andauernde Reizüberflutung

(2) oxidativer Stress, der von freien Sauerstoff-Radikalen ausgelöst wird

(3) Stickoxidschaden,

(4) Mikroglia-Überaktivierung, die eine Entzündung fördert und

(5) Apoptose.

Beim Glaukom werden giftige Substanzen wie Glutamat, reaktive Sauerstoffspezies und Stickoxid (NO) freigesetzt. Mikroglia werden überaktiviert, die Funktion der Mitochondrien (der „Kraftwerke der Zellen“) nimmt ab und die Transkription von Genen wird moduliert. Gemeinsame abschließende Signalwege werden aktiviert mit anschließender Neuronen-Apoptose bei RGC. Ein erhöhter Augeninnendruck und andere Mechanismen scheinen einen sich selbst aufrechterhaltenden Prozess der RGC-Degeneration auszulösen.

Viele Erkenntnisse aus Zellkultur- und Tiermodellen

Neuroprotektion könnte eine wesentliche Rolle bei der Verlangsamung der mit dem Sehverlust verbundenen pathologischen Prozesse spielen und durch den Schutz von RGCs und des Sehnervs zur Verringerung des Sehverlusts bei diesen Patienten beitragen. In den letzten Jahrzehnten ist relativ viel in Tiermodellen zu Wachstumsfaktoren (BDNF, CNTF; NTF), Apoptoseregulatoren (Bxl-2, Bcl-x) oder auch Glutamatverminderung (Memantine) geforscht worden. Dies zeigte in Tiermodellen viele neuroprotektive Ergebnisse. Die Übertragung dieser Erkenntnisse auf Behandlungskonzepte für Menschen (Translation) fehlt bislang.

Es gibt viele Ergebnisse in Tiermodellen, die leicht und standardisiert zu analysieren sind. Wichtig ist aber auch die Translation zum Menschen. Man kann verschiedene Tier- und Zellkulturmodelle unterschiedlichen Alters mit einzelnen Zellen und Zellverbänden zur Imitation des Glaukoms verwenden. Auf zellulärer Ebene können typische Reaktionen der verschiedenen Zellen und Zellverbände der retinalen Ganglienzellen, der Mikroglia sowie der Endothelzellen und Gefäße gesehen und proteomische (die Gesamtheit der Eiweiße der Zellen betreffend) sowie genetische Veränderungen analysiert werden.Die Modelle eignen sich gut, um die gewünschten Augeninnendrucksituationen zu imitieren und/oder um einen retinalen Ganglienzellverlust zu provozieren. Die Gefäße und Gefäßzellen zeigten Augeninnendruck induzierte Veränderungen der Morphologie und Funktion. Diese Modelle eignen sich auch, um die Wirkung möglicher neuer Medikamente zu testen. Insbesondere die Crystalline, H2S, ßIII-Tubulin und CRMP-5 zeigten auf molekularer Ebene interessante Expressionsverschiebungen bei erhöhtem Augeninnendruck und im weiteren Versuchsverlauf neuroprotektive und/oder sogar regenerative Effekte in vivo und in vitro.

Neurone lassen sich mit Gentherapie verjüngen

Interessant in diesem Kontext und zukunftsträchtig scheint die Fokussierung auf altersabhängige Veränderungen. Forschungsarbeiten an Mitochondrien zeigen sehr interessante Ergebnisse, ebenso Arbeiten zur Epigenetik. Der Begriff Epigenetik definiert alle vererbbaren Veränderungen in der Genexpression, die nicht in der DNA-Sequenz selbst codiert sind. Diese können durch Umwelteinflüsse verändert werden. Diese epigenetischen Muster entstehen unter anderem durch sogenannte Methylierungen, also chemische Gruppen, mit denen das Erbgut während der Embryonalentwicklung bestückt wird. Sie regeln die Aktivität der Gene. Ihr Muster und damit auch die Zellfunktionen verändern sich im Laufe des Lebens, da gewisse Gene nur in bestimmten Lebensabschnitten gebraucht werden. Manche Funktionen gehen beispielsweise im Alter verloren, obwohl die eigentliche Information weiterhin in den Genen verankert ist. Diese Art der zeitweiligen Feinregulierung von Genen fällt in den Bereich der Epigenetik.

In ihrer Studie verjüngten die Forschenden Neurone des zuvor verletzten Sehnervs in alten Mäusen, indem sie mithilfe einer Gentherapie drei sogenannte Transkriptionsfaktoren in den Zellen dauerhaft aktivierten. Das veränderte die Methylierungsmuster auf dem Erbgut so, dass es erneut jenen junger Mäuse glich. Dadurch erlangten die reprogrammierten Zellen offenbar ihre ursprüngliche Fähigkeit zurück, sich nach einer Verletzung regenerieren zu können – im Fall der Experimente nach einer Augenerkrankung oder einer mechanischen Verletzung. Labormäuse mit einem induzierten grünen Star (Glaukom) reagierten nach der Behandlung wieder auf optische Reize und konnten sich immerhin anhand von Mustern in einem Raum orientieren, woraus die Forschenden auf ein wiedergekehrtes Sehvermögen schließen.

Da die Expression dieser Transkriptionsfaktoren auch in Zellkulturexperimenten menschliche Neuronen umprogrammierte, könnte der Ansatz auch potenziell beim Menschen zum Erfolg führen, mutmaßen die Autoren. In einem parallel veröffentlichten Begleitartikel kommt der Autor Andrew Huberman zu dem Schluss, dass diese Studie eine neue Ära der Medizin einleiten würde, gealterte und geschädigte Gehirne therapieren zu können.

Eine Translation zum Menschen muss noch erfolgen.

Fazit

Die Behandlung des Glaukoms besteht aktuell in der Senkung des Augeninnendrucks, um das Fortschreiten der Erkrankung zu verhindern. Bereits eingetretene Schäden lassen sich auf diese Weise bisher nicht reparieren. Doch das Verständnis der Mechanismen, die beim Glaukom zum Absterben der retinalen Ganglienzellen und der Sehnervenfasern führen, ist in den vergangenen Jahren erweitert worden. Das eröffnet den Weg zu neuen Behandlungsansätzen, die auf den Schutz des Sehnervs abzielen. Mit einer Gentherapie scheint sogar eine Regeneration des Sehnervs möglich. Bisher liegen dazu allerdings erst Ergebnisse aus Tiermodellen vor, eine Translation der Erkenntnisse auf den Menschen muss noch erfolgen.

Prof. Dr. Verena Prokosch-Willing

Zentrum für Augenheilkunde der Uniklinik Köln

Kerpener Str. 62

50937 Köln

Tel. 0221 / 478 7720

E-Mail: verena.prokosch-willing@uk-koeln.de

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Aktuelle Therapieoptionen bei endokriner OrbitopathieNeue Behandlungen in Sicht – Pressemitteilung zur AAD 2021 online

18.03.2021 – 11:24

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Aktuelle Therapieoptionen bei endokriner Orbitopathie
Neue Behandlungen in Sicht – Pressemitteilung zur AAD 2021 online


















Düsseldorf (ots)

Die endokrine Orbitopathie ist eine Autoimmunkrankheit, die die Betroffenen stark belasten kann. Sie führt zu Entzündungen und Schwellungen in der Augenhöhle (Orbita). In den meisten Fällen tritt sie zusammen mit einer Fehlfunktion der Schilddrüse, dem Morbus Basedow auf. Die Krankheit kann das Sehvermögen bedrohen und die Lebensqualität vor allem auch durch das verändertes Aussehen der Betroffenen – in den meisten Fällen sind es Frauen – sehr stark beeinträchtigen. Das Wissen über die Krankheit und über Risikofaktoren für ihre Entwicklung beziehungsweise ihr Fortschreiten hat sich in den vergangenen Jahren aber deutlich erweitert. Auch neue Behandlungsmöglichkeiten werden entwickelt und bieten die Aussicht, dass sich die Krankheit besser in den Griff bekommen lässt. Die Behandlung schwerer Krankheitsformen bleibt aber eine Herausforderung.

Autoantikörper gegen das Schilddrüsen-Hormon TSH

Bei dieser Autoimmunerkrankung bildet der Körper Antikörper gegen die Rezeptoren für das Hormon TSH, das maßgeblich das Schilddrüsenwachstum beeinflusst. Diese Rezeptoren finden sich auch in der Augenhöhle. Deshalb tritt die endokrine Orbitopathie (EO) besonders häufig zusammen mit dem Morbus Basedow auf, der zu einer Schilddrüsenüberfunktion führt. Seltener wird die EO bei einer Hashimoto-Thyreoiditis, einer chronischen Entzündung der Schilddrüse oder gänzlich ohne eine Erkrankung der Schilddrüse beobachtet. In der Orbita führt die Erkrankung zur Bildung von Fettgewebe sowie zu einem Anschwellen der Augenmuskeln und des Bindegewebes.

Symptome

Die Entzündung verursacht Schmerzen und ein Druckgefühl hinter den Augen. Auch Augenbewegungen sind schmerzhaft. In Lidern und Bindehaut finden sich Flüssigkeitseinlagerungen (Ödeme) und sie sind gerötet. Der Augapfel kann hervortreten (Exophthalmus), dadurch wird der Lidschluss erschwert bis unmöglich, so dass die Hornhaut nicht mehr benetzt wird und Hornhautgeschwüre (Ulzera) entstehen können. Die Beweglichkeit der Augen und des Lidhebermuskels wird durch die Krankheit eingeschränkt. Starrer Blick und Doppelbilder (Diplopie) sind die Folge. Die Gewebe-Zunahme in der Augenhöhle kann schließlich auch auf den Sehnerv Druck ausüben, so dass Gesichtsfeldausfälle entstehen, die Sehschärfe und das Farbensehen werden beeinträchtigt bis hin zur Gefahr der Erblindung.

Aktivität und Schweregrad der Krankheit beobachten

Schwere Formen der EO treten selten auf. Wenn eine Schilddrüsenüberfunktion bei Morbus Basedow diagnostiziert wird, findet sich bei drei Vierteln der Betroffenen noch kein Hinweis auf eine Beteiligung der Augen. Doch bei einem Teil der Patienten entwickelt sich die Augenkrankheit erst im weiteren Verlauf (ca 15%). Für die individuelle Therapie ist es wesentlich, das Stadium und die Aktivität der Erkrankung zu beurteilen. Von einer milden EO ist die Rede, wenn die Lidretraktion höchstens zwei Millimeter beträgt, der Exophthalmus nicht mehr als drei Millimeter und wenn die Augenbeweglichkeit nur schwach beeinträchtigt ist. Das Allgemeinbefinden ist in diesen milden Fällen nicht stark beeinträchtigt. Ein moderates Stadium ist durch eine Lidretraktion von mehr als zwei Millimetern gekennzeichnet, eine stärkere Beteiligung des Weichteilgewebes, einen Exophthalmus von mehr als drei Millimetern und eine deutliche Einschränkung der Augenbeweglichkeit. Eine das Sehvermögen bedrohende EO liegt vor, wenn der Sehnerv komprimiert wird und/oder es durch den fehlenden Lidschluss zu Hornhautschäden kommt.

Die Krankheitsaktivität lässt sich an subjektiven Parametern wie Schmerzen und Druckgefühl hinter den Augen ablesen und an objektiven Entzündungszeichen wie Schwellungen und Rötungen der Lider, der Bindehaut und der Karunkel (ein knötchenförmiges Gebilde im nasenseitigen Lidwinkel). Auch die Zunahme des Exophthalmus, die Abnahme der Augenbeweglichkeit und eine Abnahme der Sehschärfe deuten auf eine Aktivität der EO hin.

Wie wird eine aktive EO behandelt?

Die Therapie der EO ist eine Herausforderung und erfolgt häufig in spezialisierten Zentren. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Augenärzten mit Kollegen anderer Disziplinen wie Allgemeinärzten und Endokrinologen spielt dabei eine große Rolle. Wichtig ist es, die Entzündungsaktivität möglichst früh und wirksam zu unterbinden. Rauchen, hohe Anti TSH Rezeptor Autoantikörperspiegel und eine schlecht eingestellte Schilddrüsenfunktion steigern das Risiko für das Fortschreiten der EO. Deshalb steht der dringende Rat, auf Nikotin zu verzichten und die sorgfältige Kontrolle der Schilddrüsenfunktion vor allem am Beginn der Therapie. In einem frühen Stadium einer aktiven EO genügt dann häufig die Gabe von Selen, um die Entzündung zu mildern.

Bei einer moderaten bis schweren EO ist eine Behandlung mit Steroiden (intravenös) angezeigt. Hinzu kommt, wenn die Augenbeweglichkeit eingeschränkt ist, die Orbitaspitzenbestrahlung. Bisher gibt es für die Therapie der EO über Steroide hinaus keine Zulassung für Medikamente, die das Immunsystem unterdrücken. Wenn Patienten innerhalb der ersten sechs Wochen nicht auf eine Therapie mit Steroiden ansprechen, kann aber eine stärkere immunsuppressive Behandlung erwogen werden. Hier kommen verschiedene Wirkstoffe in Frage, zum Beispiel Mycophenolat-Mofetil (MMF), Rituximab, Azathioprin und Tocolizumab. Dafür muss ein Kostenübernahmeantrag für eine so genannte off label Therapie bei der Krankenkasse gestellt werden.

Hinzu kommen unterstützende Behandlungen: Benetzungsstörungen der Hornhaut können mit Tränenersatzmitteln gelindert werden, Lymphdrainage und die Behandlung mit Botulinumtoxin kann eingesetzt werden. Beim Auftreten von Doppelbildern können Prismenbrillen verordnet werden.

Drei bis sechs Prozent der Patienten entwickeln trotz maximaler entzündungshemmender Therapie eine das Sehvermögen bedrohende EO mit einer Kompression des Sehnervs. Die entzündliche Schwellung, die Bildung von Fettgewebe und das Anschwellen der Muskeln verringern die Durchblutung des Sehnervs. Diese schweren Fälle werden mit hochdosierten intravenösen Steroidgaben (drei Mal ein Gramm pro Woche über zwei Wochen) behandelt. Hilft dies nicht ausreichend muss eine Entlastungs-Operation an der Augenhöhle erfolgen (Orbitadekompression). Sie kann als Notfallmaßnahme bei einer Quetschung des Sehnervs oder bei Hornhautulzera und Lagophthalmus notwendig werden.

Neue Therapiemöglichkeiten

Sowohl Steroide als auch Immunsuppressiva können zwar die Entzündungsaktivität bremsen, eine Vollheilung ist aber selten. Meist persistieren Lidschwellung durch Fettablagerung, Exophthalmus und eingeschränkte Augenbeweglichkeit. Neue Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung haben das Verständnis der krankhaften Vorgänge bei der EO aber erweitert. Zwischen dem TSH-Rezeptor und dem IGF-1-Rezeptor kommt es zu Wechselwirkungen durch die Bindung der TSHR-Auto Antikörper. Diese Erkenntnis führte zur Entwicklung neuer Therapieansätze: EO-Patienten werden mit Anti IGF-1-Rezeptor-Antikörpern behandelt (Teprotumumab). In klinischen Studien der Phase II und Phase III zeigte sich, dass diese Behandlung nicht nur die Aktivität der EO stoppt, sondern dass sie auch die Augenbeweglichkeit bessert und den Exophthalmus verringert. Dadurch ging die Wahrnehmung von Doppelbildern zurück. Die Lebensqualität der Studienteilnehmer besserte sich entsprechend signifikant. Die US-amerikanische Food and Drug Administration (FDA) hat Teprotumumab im Januar 2020 zugelassen. Die Zulassung in Europa wird erwartet.

Ein weiterer neuer Ansatz beruht auf der allmählichen Gewöhnung des Immunsystems an den TSHR ähnlich einer Hyposensibilisierung bei Allergien. In einer Phase I-Studie mit 10 Patienten, die an Morbus Basedow erkrankt waren, ließ sich auf diese Weise die Schilddrüsenfunktion bei zwei Dritteln der Patienten bessern. Ein Effekt auf die EO kann auch hier erwartet werden.

Behandlung der inaktiven EO

Bei Patienten ohne aktive Entzündung und einer über sechs Monate stabilen Schilddrüsenfunktion können die Folgen der EO operativ behandelt werden. Mehrere Eingriffe sind oft notwendig: Zunächst erfolgt die knöcherne Orbitadekompression mit Entfernung des orbitalen Fettgewebes. Der zweite Schritt sind Augenmuskeloperationen, zudem sind oft als letzter Schritt lidchirurgische Eingriffe notwendig. Dadurch lässt sich die Lebensqualität der Patienten erheblich steigern.

Fazit

Die endokrine Orbitopathie belastet die betroffenen Patienten schwer. Die Behandlung richtet sich nach der Schwere und der Aktivität der Erkrankung. Aktuell ist die intravenöse Behandlung mit Steroiden die Therapie der Wahl. Wenn die Patienten darauf nach sechs Wochen nicht ansprechen, kommen immunsuppressive Medikamente zum Einsatz. Mit Steroiden und Immunsuppressiva lässt sich zwar die Entzündung stoppen, bereits eingetretene Folgen lassen sich damit aber nicht vollständig rückgängig machen. Deshalb werden in der inaktiven Phase der Therapie operative Eingriffe notwendig. Neue Behandlungsmöglichkeiten der EO, insbesondere die Therapie mit Teprotumumab lassen darauf hoffen, dass der Bedarf für solche schweren Eingriffe in Zukunft sinken wird und dass sich die Lebensqualität der Patienten bessern wird.

Prof. Dr. Anja Eckstein

Oberärztin (Strabologie, Neuroophthalmologie, okuloplastisch rekonstruktive Chirurgie)

Klinik für Augenheilkunde

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