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Bundeswehr-Munitionsaffäre: Ermittlungen gegen KSK-Kommandeur

31.03.2021 – 16:46

NDR Norddeutscher Rundfunk

Bundeswehr-Munitionsaffäre: Ermittlungen gegen KSK-Kommandeur


















Hamburg (ots)

Die Staatsanwaltschaft Tübingen hat strafrechtliche Ermittlungen gegen einen General der Bundeswehr, den Kommandeur der Eliteeinheit KSK, Markus Kreitmayr, eingeleitet. Das erfuhren NDR und WDR am Mittwoch.

Hintergrund ist eine umstrittene Amnestie-Aktion beim Kommando Spezialkräfte (KSK) der Bundeswehr, über deren Details NDR und WDR im Februar 2021 berichtet hatten. Bei der groß angelegten Sammelaktion von Munition im Frühjahr 2020 konnten Soldaten des KSK im baden-württembergischen Calw Munition straffrei zurückgeben, die sie vorher entwendet oder nach Schießübungen nicht zurückgegeben hatten – „ohne negative Konsequenzen“ befürchten zu müssen, wie es in internen Protokollen der Kommandoführung hieß. Das Bundesverteidigungsministerium hatte daraufhin umfassende Prüfungen veranlasst.

Der Leiter der Staatsanwaltschaft Tübingen, Matthias Grundke, bestätigte am Mittwoch, 31. März, auf Anfrage von NDR und WDR die Ermittlungen. Hintergrund seien die aus der Presse bekannten Vorkommnisse rund um das Einsammeln von Munition in der Bundeswehrkaserne in Calw, so Grundke. Grundlage der Ermittlungen ist ein möglicher Verstoß gegen Paragraf 40 des Wehrstrafgesetzes. Das Gesetz sieht vor, dass Vorgesetzte innerhalb der Bundeswehr Straftaten an die Staatsanwaltschaft melden und an der Aufklärung mitwirken müssen, wenn sie davon erfahren. Bei der Amnestie-Aktion waren zehntausende Schuss Munition aufgetaucht, darunter auch zwei Handgranaten.

Bislang ermittelt die Staatsanwaltschaft formell nur gegen den Kommandeur des KSK selbst. „Ob gegen weitere Personen noch Ermittlungsverfahren einzuleiten sind, lässt sich im Moment nicht ausschließen und wird Gegenstand der weiteren Ermittlungen sein“, so der Leiter der Tübinger Staatsanwaltschaft. Zunächst handele es sich noch um einen Anfangsverdacht gegen den General. „Jetzt wird geprüft, ob es einen hinreichenden Tatverdacht gibt, der auch eine öffentliche Klage rechtfertigen würde.“ Im Rahmen von Vorermittlungen hatte die Bundeswehr bereits Aktenbestände an die Staatsanwaltschaft übermittelt, die die Tübinger Staatsanwälte in den vergangenen Wochen auswerten konnten.

In der Bundeswehr selbst waren Disziplinarermittlungen zu der umstrittenen Amnestie-Aktion wohl lange verschleppt worden. Zwar hatte die militärische Spitze im Bundesverteidigungsministerium um Generalinspekteur Eberhard Zorn bereits Ende Mai 2020 Kenntnis von der Amnestie-Aktion erhalten, wie es aus dem Ministerium heißt. Zusammen mit dem Inspekteur des Heeres, Alfons Mais, sei die Aktion dann abgebrochen worden. Unternommen wurde dann aber offenbar monatelang nichts. Erst als NDR und WDR im Februar 2021 von den Details der Sammelaktion berichteten, wurden bei der Bundeswehr disziplinarrechtliche Befragungen eingeleitet. Darin soll KSK-Kommandeur Markus Kreitmayr ausgesagt haben, er habe die Sammelaktion zur Gefahrenabwehr durchgeführt, um wieder Kontrolle über die großen Bestände der zuvor abhanden gekommenen Munition zu erhalten.

Die Amnestie-Aktion hatte auch bei Verteidigungspolitikern im Deutschen Bundestag für Empörung gesorgt, weil sie zu einem Zeitpunkt stattfand als Polizeiermittler und der militärische Nachrichtendienst der Bundeswehr, der MAD, gerade mit Ermittlungen gegen einen KSK-Soldaten befasst waren. In dessen Garten hatten Ermittler schließlich mehrere tausend Schuss Munition sowie zwei Kilogramm Plastiksprengstoff gefunden. Im Februar 2021 war der Soldat deshalb vor dem Landgericht Leipzig zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung verurteilt worden. Hätte der Soldat sich an der Amnestie-Aktion beteiligt, hätte er seine Straftat wohl vertuschen können. Andere Soldaten beteiligten sich an der freiwilligen Munitionsabgabe dagegen rege: Bei der Sammelaktion wurde schließlich mehr Munition zurückgegeben als zuvor überhaupt vermisst worden war.

Ob der KSK-Kommandeur mit seiner Sammelaktion gegen Gesetze verstoßen haben könnte, müssen nun die Ermittlungen ergeben. Der Brigadegeneral war für eine Stellungnahme am Mittwoch nicht zu erreichen. Für seine Position innerhalb der Bundeswehr haben die strafrechtlichen Ermittlungen zunächst offenbar keine direkten Konsequenzen. Das Bundesverteidigungsministerium in Berlin verwies am Mittwoch darauf, dass es über die Ermittlungen informiert sei und selbst „disziplinare Vorermittlungen“ eingeleitet habe. Dabei seien alle be- und entlastenden Aspekte zu berücksichtigen. Ein Sprecher sagte: „Während dieser disziplinaren Vorermittlungen bleibt Brigadegeneral Kreitmayr auf seinem Kommandeursposten.“

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